Volltext: Schreib das auf, Kisch!

träger, keinen Leibriemen, keine Knöpfe, keine unzerrissene 
Tasche, kein Taschentuch, keinen Kamm, keine Bürste, wir 
betteln um Suppenreste und schleichen um die Offiziersküche, 
ob nicht ein Tropfen Kaffee in der Tasse des Herrn Leutnants 
übriggeblieben sei, wir kauen rohes Fleisch, wir schlafen im 
Freien — wird das je wieder anders werden? Über solchen Ge¬ 
danken schlief ich ein und wurde um Mitternacht geweckt. 
Abmarsch. 
Sonntag, den 13. Dezember 1914. 
6 Uhr früh, noch war es dunkel, gingen wir durch einen 
Lindenwald nordwärts. Bei einer Karaule mit hölzernen Ar¬ 
kaden sammelten sich die Stäbe von Division und Brigade, dann 
ging der Marsch weiter bis zum Petrov Grob, Trigonometer 337. 
Hier kamen die Truppen des 13. Korps auf ihrem Rückzug vor¬ 
über, hier stand die Landwehrdivision. Hier bezog auch unser 
Regiment Lager, laut Frührapport 200 Gewehre stark. Wir for¬ 
mierten uns in Gefechtslinie. 
Über den Devojacki Grob gingen wir weiter, und ich freute 
mich beim Aufstieg, daß ich von der Höhe herab endlich Bel¬ 
grad erblicken werde. Aber als wir mit Mühe die Höhe er- 
schritten hatten, lagen Täler vor uns, und hinter den Tälern 
Hügel — und von Belgrad keine Spur. 
In Ruschanj machten die Truppen halt und stellten sich dem 
Feinde, der unmittelbar hinter uns her war. Von den Schwarm¬ 
linien aus wurden in rasender Eile Telephons gelegt. Oberst 
Sündermann, Generalstabschef des 8. Korps, leitete, die Land¬ 
karten vor sich und das Mikrophon am Mund, die Schlacht. 
Daß heute eine Katastrophe kommen werde, hatte ich, für 
den das Datum das Fatum bedeutet, gewußt. Um 12 Uhr trafen 
die ersten Granaten in Ruschanj ein und gleichzeitig die ersten 
Botschaften, daß der rechte Flügel — ungarischer Landsturm — 
verschwunden sei, daß die anderen Fronten wanken und von 
einem Durchbruch bedroht seien. Bald darauf kamen ganze 
230
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.