Volltext: Schreib das auf, Kisch!

Zwei Minuten später. Eine Meldung trifft ein, und die Gene¬ 
ralstäbler rennen zum Rastplatz der Truppen: „11. RegimentI 
Gewehre ergreifen, Rüstung umhängen, Alarm!“ Alles läuft 
durcheinander wie in einem Bienenstock. 
Eine Minute später. Eine Granate pfeift über den Ort. 
Eine Minute später. Ungeheueres, grauenhaftes Tohuwabohu. 
Tausend Wagen, die Pferde noch mit umgehängten Futter¬ 
säcken, ergießen sich aus allen Höfen, aus allen Ausbuchtungen 
der Dorfstraße, von allen Wiesen und Gärten auf die Landstraße 
und sprengen in jagender Hast nordwärts davon. 
Der Divisionär wirft sich den Hunderten von Soldaten ent¬ 
gegen, die eben ihre Rüstung umhängen: ,,73 an den Ortsaus¬ 
gang, 11 an den rechten, 28 an den linken Flügel!“ 
Die weglaufenden Soldaten behaupten, Trainbedeckung zu 
sein, aber die Truppenoffiziere hemmen den Strom. 
Trotz dieser massenhaften Trainbedeckung müssen zwei 
Köche aus dem Kessel einer Fahrküche das Wasser mit Eß- 
schalen ausschöpfen, um leer davonjagen zu können, da nie¬ 
mand vorhanden ist, der ihnen beim Herausheben und Aus¬ 
schütten des Kessels behilflich wäre. 
Mitten in dieses Gemenge von rasenden, jagenden, blassen, 
schlotternden Menschen saust eine Granate nach der anderen 
auf die Straße, zwischen die Häuser, das Erdreich 20 Meter in 
die Höhe wirbelnd, Lehm und Kot, wieder eine Granate, wieder 
eine Granate, und in allen Menschen das gleiche Gefühl: der 
nächste Augenblick kann mein Tod sein. Wird er der Tod sein? 
11 Uhr. Der vor einer Minute von Tausenden bevölkert 
gewesene Ort ist leer. Nur hier und da humpelt ein Soldat 
seines Weges, langsam, phlegmatisch. Wäre nur ein Funken 
Leben in ihm, ein Funken Hoffnung, wäre der Fuß noch so 
marschmarod, ja, wäre das Bein gebrochen, er würde hasten, 
von der allgemeinen entsetzlichen Panik ergriffen. Aber ihm 
ist alles egal. Von den Truppen ist nichts mehr im Ort als 
unsere Kompagnie und die Kommanden von Division 9 und 
15 Kisch, „Schreib das auf 
225
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.