Volltext: Schreib das auf, Kisch!

gerade damit beschäftigt gewesen, einen Ochsen zu schlachten. 
Nun lag der Ochse mit zerrissenem Hals tot neben denen, die 
sich eben angeschickt hatten, das Messer gegen ihn zu erheben. 
Montag, den 7. Dezember 1914. 
Viel mehr als durch die „den Truppen allgemein zu verlaut¬ 
barende“ Botschaft, daß im Raum von Lodz und Lovicz die 
vereinigten österreichischen und deutschen Truppen einen „ent¬ 
schiedenen“ (im Deutschen schwächt man ab, wenn man be¬ 
kräftigt, z. B. „zweifellos“, „unbedingt“, „ganz bestimmt“) Sieg 
erfochten haben, wurden wir von einer anderen Mitteilung mit 
freudiger Hoffnung erfüllt: in Belgrad gäbe es noch Tabak, Bier 
und sogar Zigaretten. Wie diese Nachricht zu uns kam? Bei 
unserer Division treibt sich ein Oberstleutnant herum, der aus¬ 
sieht, als ob er hundert Jahre alt wäre. Er war Komman¬ 
dant des aus mehreren Truppenkörpern zusammengestellten 
15. Marschregimentes gewesen, das uns anfangs September 
in Bosnisch-Raca von der Drinabewachung abgelöst hatte. 
Dieses Regiment war Ende Oktober in der Matschwa ver¬ 
nichtet worden, indem vier Kompagnien des 75. und zwei 
Kompagnien des 88. Regiments von den Serben gefangen¬ 
genommen wurden. Der Exkommandeur wartete seit Wochen 
auf die Ankunft seines Koffers und den Befehl, was weiter 
mit ihm geschehen solle. Heute kam nun der Koffer, und 
zwar per Heidi-Wagen aus Belgrad, und dessen Kutscher war 
es, der von der Stadt der Zigaretten und des Bieres erzählte, so 
daß uns das Wasser im Mund zusammenlief. 
Dienstag, den 8. Dezember 1914. 
Schrapnelle, Granaten werden von den Serben gegen unsere 
Pfarre gepfeffert und fallen zehn Schritte, zwanzig Schritte vom 
Haus entfernt ins Feld. Wir sitzen in der Erwartung da, die 
olivengrünen Artilleristen würden nun bald eingeschossen sein 
und unser Haus in die Luft fliegen lassen. Ich lese ein deutsches 
220
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.