Volltext: Schreib das auf, Kisch!

nik, die es gibt: zu irgendeiner Banalität, die zu sagen ist, ziehe 
ich einen Vergleich aus dem militärischen Alltagsleben heran, 
ein Wort, das wir tausendmal im Munde führen. Zum Beispiel 
drohe ich im Hinblick darauf, daß man bei Verwundungen 
„Sanität“ ruft, während die Beerdigung der Leichen den Pio¬ 
nieren obliegt, bei Debatten im Scherze meinen Kameraden: 
„Wenn ich dir eine Ohrfeige gebe, so braucht man nicht mehr 
Sanität zu rufen, sondern Pioniere.“ Oder noch präziser: „Mit 
der linken Hand gebe ich dir eine Ohrfeige, mit der rechten 
knüpfe ich dir gleich das Legitimationsblatt ab.“ Wenn man 
von Mädeln spricht, ob man die oder jene der vorbeikommenden 
Serbinnen gerne „küssen“ möchte: „Nicht einmal mit dem Putz¬ 
stock.“ Derartige Scherze muß ich machen, wenn ich nicht 
anmaßend erscheinen will, sobald mir jemand ein Scherzwort 
entgegenruft und eine Antwort erwartet. Entfesselt aber mein 
Satz Heiterkeit, so tut mir das Lachen weh, im selben Augen¬ 
blick erinnere ich mich des Trauerfalles, und die gute Laune, 
die ich hervorgerufen, scheint mir ein Verbrechen an meinem 
toten Bruder zu sein. 
Am Abend schlief ich in einer der typischen Rakjatennen mit 
zwei Infanteristen. Links von mir lag H., Prokurist einer großen 
Spinnerei in Wien und geschulter Nationalökonom, rechts von 
mir D., Portier eines Kleinseitner Bordells und gewalttätiger 
Einbrecher, der eben sein siebentes Jahr als Infanterist abdient. 
Es war kalt, und wir preßten uns fest aneinander. 
Montag, den 30. November 1914. 
Man hat in Ermanglung eines geeigneten Eiskellers mit der 
Konsumierung des Champagners nicht bis zum endgültigen Sieg 
warten können. Am heutigen Tage, an dem die Nachricht kam, 
daß die Russen zum zweitenmal über die Karpathen gedrungen 
sind, wurden die zehn Törley-Flaschen ausgetrunken. 
Ich habe heute zugesehen, wie der Menageoffizier der 2. Di¬ 
visionsstaffel (ein aktiver Oberleutnant^ die Bratpfanne mit 
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