Volltext: Schreib das auf, Kisch!

sein. Länger als fünf Minuten bin ich nun seit mehr als vier 
Monaten nicht ohne Stiefel gewesen. Viermal habe ich seit der 
Mobilisierung meine Strümpfe gewechselt — gewiß nicht viel, 
wenn man die großen Hitzen und die riesigen Märsche bedenkt. 
Die neuen Stiefel haben die Größe „12“, während mir schon 
„15“ zu groß wäre. So sieht es aus, als ob meine Beine in den 
Knien gebrochen wären, und Schienbein und Waden, in Stiefeln 
steckend, auf der Erde schleiften. Aber besser ist es, in der¬ 
artigen Skiern zu gehen, als in den Lederfetzen, die ich bisher 
getragen. 
Wir begegneten einem Tschuzentransport, einem Abtrieb der 
Zivilbevölkerung Serbiens hinter die Etappen. Auch eine Zi¬ 
geunerfamilie kam vorbei, die auf dem Wege alle Fetzen sam¬ 
melte. Die Zigeuner hatten ganz schwarze Gesichter und sahen 
beinahe wie Neger aus. Einige sehr schöne Mädel waren dar¬ 
unter, aber zu schmutzig, um wachzurütteln. 
Duvanistö ist ein Dorf voll alter Häuser, unter denen ich zum 
erstenmal in Serbien ein einstöckiges sah. Nicht einmal in der 
großen Stadt Leschnitza gab es andere als ebenerdige Häuschen, 
und auch auf dem Gerichtsgebäude von Gernabara hatte sich 
unmittelbar über dem Parterrezimmer das Dach erhoben. Ich 
wurde mit einer Meldung nach Lipolist gesandt, das sich seit den 
vier Tagen, da ich es nicht gesehen, sehr verändert hat. Die 
Serben hatten es, da sie uns darin wußten, furchtbar beschossen, 
fast kein Haus, das nicht Granatenrisse aufweist, die Kirche 
aber ist unbeschädigt. 
Das Regiment war inzwischen über Culikovic und Grustiü 
vorgerückt, wo ich gegen 6 Uhr abends ankam. 
Es war bereits stockdunkel. Ein Bataillonshornist sagte mir, 
er wisse genau, wo das Regiment sei, und gehe gleichfalls hin. 
Ich schloß mich ihm an. Nach einer Stunde scharfen Marsches 
fragte ich ihn, ob er sich nicht im Wege geirrt habe. „Aus¬ 
geschlossen“; wo er einmal geritten sei, finde er noch nach 
Jahren genau den Weg und entsinne sich jedes Grashalmes. 
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