Volltext: Unsere Führer im Weltkrieg

ein hungriges Mäulchen noch mochte; mancher Kuchen mußte 
ausfallen, den die Mutter in anderen Zeiten auf den Tisch 
brachte. Das Weißbrot trat etwas zurück, und das gesunde, 
kräftige Roggenbrot wurde mehr verzehrt. Am erfreulichste» 
war, daß wir nun das Brot mit ganz anderem Geist erfassen 
lernten. Achtlos haben wir gar oft die Gottesgabe in die Hand 
genommen, niemals nachgedacht über ihre Bedeutung, ihren 
Wert und wie es wäre, wenn wir das Brot entbehren 
müßten. Besonders die Kinder haben es vor dem großen 
Krieg manchmal nicht mehr in seinem großen Wert geschätzt 
und Krumen und ganze Stücke auf dem Boden, auf Wegen 
und in Ecken verschleudert. Jetzt lernten sie den Wert des 
Brotes erst richtig kennen; hoffentlich bleibt die gute Ge- 
wohnheit des sorgfältigen Umgehens mit dem Brot, um das 
wir doch täglich den himmlischen Vater bitten, auch in den 
ruhigen Tagen des Friedens! 
Manchmal mag es wohl den einen oder andern gegeben 
haben, der sich nicht gleich mit ganz gutem Willen dem neuen 
Stellungsbefehl fügen wollte. Wer so wenig Opfersinn be¬ 
saß, konnte sich an den Tausendm aufrichten, die mit bestem 
Beispiel vorangingen und ohne ein Wort des Murrens sich 
den Bestimmungen fügten. Manchem schien das Opfer viel- 
leicht geringer, wenn er hörte, daß auch unsere höchststehenden 
Familien, die Fürstenhäuser, sich willig dem neuen Stellungö- 
befchl unterwarfen. So kamen beim bayerischen Königshof 
wie in jedem einfachen bürgerlichen Haushalt die Brotkarten 
zur Einführung. Für jedes Mitglied des Königshauses wurde 
eine Brotkarte ausgestellt, ebenso für jede bei Hof wohnende 
und in unmittelbarem Dienste des Kgl. Hauses stehende 
Persönlichkeit. In gleicher Weise ist die Einführung der 
Brotkarten an den Höfen der Prinzen erfolgt. Die gesamte 
Haushaltung am Königshofe wurde seit Ausbruch des Krieges 
bedeutend eingeschränkt und blieb von bürgerlicher Einfachheit 
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