Volltext: Alt-Wien [72/73/74]

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von dauerndem Wert. Wenige besitzen selbst die Schriften des 
Aristoteles und anderer Philosophen, man bedient sich meist 
der Auszüge. Uebrigens gehen die Studenten selbst in 
Vergnügungen auf und haben nur Sinn für Wein und gutes 
Essen. Nur wenige werden wirklich Gelehrte, sie lassen sich 
auch nicht im Zaum halten, Tag und Nacht ziehen sie herum 
und sind für die Bürger eine wahre Plage. Zudem läßt sie die 
Jroße Begehrlichkeit der Weiber an nichts andres denken. 
Die Einwohnerzahl der Stadt schätzt man auf fünfzig— 
tausend Kommunikantden. Man wählt achtzehn Mann zu 
Stadtvätern, dann einen Stadtrichter, der das Rechtswesen 
leitet, und einen Bürgermeister, der für das Gemeinwohl zu 
sorgen hat. Der Landesherr bestätigt die Wahl jener, auf 
deren Verläßlichkeit er zählen kann, und beeidigt sie. Andre 
Aemter gibt es nicht, außer das Weinsteueramt: diese Amts⸗ 
gewalt wird für ein Jahr erteilt, vor sie wird alles gebracht. 
Was an Lebensmitteln tagtäglich in die Stadt gebracht 
wird, das möchte man nicht für möglich halten. Wagen voll 
bon Eiern und Krebsen kommen an, Brot, Fleisch, Fische und 
Beflügel wird in ungeheurer Menge herbeigeschafft. Und 
davon kann man am Abend schon nichts mehr zu kaufen kriegen. 
Die Weinlese dauert vierzig Tage, dreihundert, mit Wein— 
trauben beladene Wagen fahren täglich zwei- oder dreimal in 
die Stadt ein, zwölfhundert Pferde stehen bei der Weinlese in 
Verwendung. Außerdem steht es jedem Bürger frei, in der 
Zeit bis Martini von seinem Landhaus Wein in die Stadt zu 
hringen. Es klingt unglaublich, welche Menge Weines herein— 
geführt wird, der entweder in Wien getrunken oder auf der 
Donau mit großer Mühe stromaufwärts ins Ausland geschafft 
wird. Von dem Wein, der in Wieun im kleinen verkauft wird, 
entfällt auf den Landesfürsten jeder zehnte Denar; das wirft 
an die Kammer jährlich zwölftausend Gulden ab. Sonst sind 
die Bürger wenig belastet. 
Uebrigens kommen Dinge vor, die für eine so große und 
vornehme Stadt unbegreiflich sind. Alle Augenblick artet 
eine Rauferei in förmlichen Kampf aus. Bald Handwerker 
gegen Studenten, bald Hofleute gegen Handwerker, bald gerät 
eine Zunft an die andere. Selten läuft eine Feierlichkeit ohne 
blutige Köpfe ab: ein Totschlag ist keine Seltenheit. Und 
niemand findet sich, wenn sich eine Rauferei entspinnt, der die 
Streitenden trennt. Weder die Behörden noch der Landesfürst
	        
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