Volltext: Sperrfeuer um Deutschland

den gleichen Tag hatte auch der österreichische Raiser mit seinem Außenminister 
und dem Generalstabschef seinen Besuch angesagt. 
An dem Rronrat des )4. August nahm auch der Rronprinz teil. Die Oberste 
Heeresleitung war durch Hindenburg und Ludendorff vertreten. Die Reichs- 
regierung hatte den Aanzler Grafen Hertling und den Staatssekretär des Aus- 
wärtigen Amtes, Admiral von Hintze, entsandt. Außerdem waren die Chefs des 
Kaiserlichen Militär- und Zivilkabinetts und der Generaladjutant des Raisers, 
General von plessen, zugegen. 
Der ganze schicksalschwere Ernst der Lage kam zum Ausdruck. Rlaren Ver- 
standes und ohne Illusionen schilderte Ludendorff den Zustand der Fronten, das 
schwere und aussichtslose Ringen der Armeen gegenüber einem sich dauernd ver- 
stärkenden Gegner. Er faßte seine Ansicht dahin zusammen, daß es auch jetzt 
noch möglich sein werde, die strategische Defensive aufrechtzuerhalten. Mehr 
aber sei nicht zu erreichen. Die Herbeiführung des Friedens allein durch die 
Waffen sei nicht mehr möglich. Der Rrieg müsse auf diplomatische TDeise be¬ 
endet werden. 
Nach Ludendorffs Vortrag schilderte der Staatssekretär die politische Lage. 
Sie war nicht weniger betrübend als die militärische. Der Siegeswille der 
Entente stieg himmelan. Die Neutralen standen mit ihren Sympathien zum 
größten Teil offen auf der Seite unserer Gegner. Die Dundesgenossen beteilig- 
ten sich nur noch widerwillig am Rriege. Österreich war dem Zusammenbruch 
nahe und wartete mit tödlicher Sorge auf eine feindliche Offensive an der ita- 
lienischen Front, die auch zur militärischen Katastrophe führen müßte. 
Dann sprach auf des Raisers Aufforderung der Rronprinz. Er schloß sich 
Punkt für Punkt der von Ludendorff und Hintze vorgetragenen Auffassung an. 
Nach ihm ergriff der Raiser selbst das XDort. Das Ergebnis seiner Aus- 
führungen war der Auftrag an die Regierung, im geeigneten Zeitpunkt durch 
die Vermittlung einer neutralen Regierung, am besten der Rönigin der Nieder- 
lande, mit einem Friedensangebot an die Feinde heranzutreten. 
Der Reichskanzler nahm den Auftrag im Namen der Regierung an. Als 
„günstigen Zeitpunkt" faßte man den Augenblick ins Auge, an dem es gelingen 
werde, noch einmal zu militärischen Erfolgen zu gelangen, sei es auch nur in 
der Abwehr. 
Dann verständigte man sich über eine Reihe von Maßnahmen, die zur 
Hebung der tiefgesunkenen 'Widerstandsmoral in der Heimat gedacht waren. 
Das Schlußwort sprach Hindenburg. In ihm kam das starke Vertrauen 
und die ruhige Zuversicht zum Ausdruck, die der Generalfeldmarschall auch in 
dieser Lage bewahrte. 
Nach dem Rronrat empfing Raiser Wilhelm in Gegenwart seiner verant- 
wortlichen Ratgeber den österreichischen Raiser mit seinen Begleitern. Graf 
Burian, der österreichische Außenminister, verlangte im Namen seines kaiser- 
lichen Herrn, daß der Vierbund in allernächster Zeit sich unmittelbar an den 
Feind wenden müsse, um einen Verzichtfrieden zu erhalten. Das war die Kapi¬ 
tulation. Raiser Wilhelm und der Reichskanzler erklärten, ein solcher Schritt 
sei verfrüht und finde in der militärischen Lage keine Begründung. Sie baten 
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