Volltext: Sperrfeuer um Deutschland

'Wieder kommt eine Regenperiode. Furchtbar sind die Abgänge an Rranken. 
Darmkatarrhe infolge der ständigen Nässe nehmen zu. Der Rampf mit dem 
TDasser ist elend und lähmend. Der Schlamm steigt immer weiter. Das Ma- 
terial rast unvermindert. Man ist aus der Zone der Betonklötze hinaus und 
hat nun überhaupt keinen Schutz mehr. 
Neue Großkampftage, sogenannte. Am 20., 26. September, am 4., am 9., 
am 12., am 22., am 26v am 30. Oktober. Immer das gleiche Bild. Material- 
zonen hüben und drüben, dünnes Infanteriegefecht in der Mitte. Ein Mar- 
tyrium sondergleichen. Eine Trostlosigkeit, die nicht mehr zu beschreiben ist. 
Am 12. November fällt der Raum von passchendaele in englische Hand. 
Dann ist es auch mit örtlichen Veränderungen aus. Das Material bekümmert 
sich nicht darum. Es rast noch eine Zeitlang sinnlos weiter, bis es endlich be- 
greift, daß die Schlacht zu Ende ist. 
(örtliches Ergebnis — in vier Monaten ein Geländegewinn von zwanzig 
Kilometer Breite und acht Kilometer Tiefe. Ein Schlammfeld, das einer 
Mondlandschaft Ehre machen würde. Millionen Tonnen zersplitterten Eisens. 
Dazwischen die Leichen von zweihunderttausend Menschen. 
Verbrauch des Angreifers — Hunderte von Eisenbahnzügen mit Granaten, 
Zehntausende von Geschützen. Hunderttausend Tote und dreimal soviel Ver¬ 
wundete. Insgesamt ein Abgang von einer halben Million Menschen. 
Verbrauch des Verteidigers — weniger Material, ebenso viele Menschen. 
Strategische Bilanz — belanglos. 
Marschall Haig verkündet, es sei der größte Sieg, den die Alliierten seit 
der Marneschlacht 19)4 errungen hätten. Weiche Begriffsverwirrung, welcher 
Mißbrauch mit dem Wort Sieg! Die Flandernschlacht ist der stumpfsinnigste 
Ausdruck einer bankerotten Heerführung, die alle Tätigkeit auf das Material 
und alle Not auf die Truppe abgewälzt hat. 
Wer singt das Lied des deutschen Soldaten in der Flandernschlacht; 
Nicht die Heeresberichte, die in Verlegenheit gerieten, woher sie neue Worte 
des Lobes und der Huldigung nehmen sollten. 
Nicht die Orden, mit denen man die überlebenden freigebig geschmückt. 
Nicht die Denkmäler, die man den Toten daheim errichtet. 
Es ist eine ganz stille, ganz verschwiegene Angelegenheit des Herzens. Ein 
Verneigen, eine wehmütige Trauer, ein Erschauern, ein Zähnezusammenbeißen 
und ein Gebet. 
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