Volltext: Sperrfeuer um Deutschland

Am )6. August neuer Großkampftag. Es geht genau so wie am 3). Juli. 
Der Raum, auf dem ehemals Langemarck stand, gerät wieder zwischen die 
Materialzonen, das heißt, Langemarck wird von den Engländern genommen. 
Dann wälzt sich das Material zurück, das heißt, die Deutschen besetzen Lange- 
marck wieder. 
Am Mittag der gleiche Vorgang. Langemarck wird verloren. Die Eng- 
länder gelangen bis dicht vor Poelkapelle. Nach den Berichten entsteht hier 
eine Rrise der Schlacht, weil die Engländer fast durch die ganze deutsche Ma- 
terialzone gedrungen sind. In TDahrheit ist das erst nachher ausgedacht, es ist 
wie überall. Ein Durchbruch war ja gar nicht erstrebt. 
Am Abend wälzt es sich wieder rückwärts. Die Materialzonen überschneiden 
sich bei Langemarck. Sie sind aus ihrem festen Gefüge geraten. Das vielfache 
Hin und Her im Laufe des Tages hat sie verflüssigt, über Nacht müssen sie 
wieder gestrafft und gefestigt werden. 
So geht es weiter. Die Heeresberichte haben ihre liebe Not, stilistische 
Neuerungen für diese phantasielose Monotonie zu erfinden. Es ist ja weiter 
nichts als Trommelfeuer und Schlamm, worin Menschen ein fast unglaubliches 
Dasein führen. Der Verschleiß ist auf beiden Seiten ungeheuer. Es ist Sache 
der Rechenkünstler in den Operationsabteilungen der Stäbe, dafür zu sorgen, 
daß der Zustrom an frischen Divisionen sich der Materialkurve anpaßt. 
Trichter vor Trichter wälzen sich die Materialzonen gegen den Houthoulster 
VOcdb (es ist schon lange kein XOaib mehr!), gegen passchendaele (ein Trichter- 
komplex, der durch die pulverisierten Ziegelsteine ein wenig rötlich gefärbt ist) 
und gegen Gheluvelt an der Straße von Zypern nach Menin (Straße — eine 
gedachte Linie auf der Rarte!). 
Sonderbare Ironie sind auch die Bezeichnungen, die für einzelne Stellen 
des Trichterfeldes von der Truppe und von den Stäben als Erinnerung an 
eine barmherzigere Zeit beibehalten werden. Zum Beispiel wohnt ein Batail- 
lonsstab in der „Jungburg", eine Rompanie am „Staigerhaus", eine Bereit- 
schaft im „Artilleriegehöft". Der Mensch kann von seinen gewohnten Begriffen 
nun einmal nicht lassen, selbst hier nicht. Es entspräche dem Gesicht dieser 
Schlacht viel besser, wenn man ein System von Längen- und Breitengraden 
einführen würde, wie es in der Eintönigkeit des Meeres üblich ist. Man spricht 
auch immer noch von der Rirche von Poelkapelle und dem TDegekreuz bei 
passchendaele, vom Haanebeek und von der tPindmühle von Grootemolen, 
vom Herenthage-Park und vom Ncrnnebosschen. Als ob man dadurch auch 
einen einzigen wassergefüllten Trichter in einen Baum, in eine Mauer, in ein 
Stück TDiese verwandeln könne! 
Es wird September und Oktober, wieviel Divisionen sind schon hindurch- 
gegangen! Das Armeeoberkommando führt Buch darüber. Es kommen jetzt 
täglich etwa zehn lange Munitionszüge aus der Heimat für diesen schmalen 
Abschnitt. Man zeichnet immer neue Stellungskarten, auf denen die sogenannte 
vordere Linie sichtbar ist, die Artillerieaufstellung, die Feuerverteilung, die 
Lage der Bereitschaften, der Stäbe und die Gefechtsgrenzen. Das alles ist eine 
saubere und gewissenhafte Arbeit. Vorn ist es ein Brei. 
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