Volltext: Sperrfeuer um Deutschland

Im Juni wird es endlich Rlarheit. Die Russen planen einen Generalangriff 
fast auf der ganzen Ostfront. Man erfährt es durch Gefangene und Überläufer. 
Zunächst erscheint es kaum glaublich. Dann aber erhält man unzweifelhafte 
Bestätigungen. 
Seit Mitte Juni hat Rerenski sich zum Diktator aufgeschwungen, ein kleiner 
Napoleon. Sein militärischer Beistand und der eigentliche Führer des Heeres 
ist General Brussilow. Er hat sich dem neuen System zur Verfügung gestellt 
und läßt sich gefallen, daß revolutionäre Romitees seine Maßnahmen kontrol- 
lieren. Rerenski zeigt sich den staunenden Truppen in seiner glänzenden Phan¬ 
tasieuniform, mit den Orden der Entente geschmückt. Er schürt den Rampf für 
die Ideale der Menschheit und der Demokratie. 
Jetzt aber bemächtigt sich die Oberste Heeresleitung wieder der militärischen 
Zügel. Fünf Divisionen rollen aus dem Westen nach dem Osten. Ihre Auf- 
gäbe ist, für klare Verhältnisse zu sorgen. 
Diese Divisionen kommen gerade rechtzeitig, um, genau wie ein Jahr vor- 
her, den völligen Zusammenbruch der Österreicher zu verhindern. Im Unter- 
gang ist dies geheimnisvolle Rußland, ist diese im Innern zerfetzte, dreimal 
kriegsmüde Armee noch stark genug, die österreichische Front in Stücke zu zer¬ 
reißen. 
XOae die Russen unternehmen, ist alles andere als ein geordneter mili¬ 
tärischer Angriff. In großen Horden rücken die Revolutionssoldaten Rerenskis 
nach heftigem Artilleriefeuer heran. Wo nur ein paar Maschinengewehre 
feuern, stieben sie auseinander und sind zu keiner Erneuerung des Angriffs zu 
bewegen. 
Alles wiederholt sich. Teile der angegriffenen österreichischen Divisionen 
gehen genau wie vor fast einem Jahr ohne Widerstand zu den Russen über. 
Am ). Juli erlangen diese gegenüber der 2. österreichischen Armee westlich Tar- 
nopol größere Erfolge. Eine deutsche Division stellt das Gleichgewicht am 
3. Juli wieder her. 
katastrophal wird die Entwicklung erst am 8. Juli. An diesem Tage erfolgt 
der russische Angriff zwischen dem Dnjestr bei Halicz und den Hochkarpathen 
in der Gegend des Tartarenpasses, besonders beiderseits Stanislau. Hier stehen 
die Österreicher der 3. Armee des Generalobersten von Tersztyansky. In zwei 
Tagen rückt das Revolutionsheer der Rriegsmüden zwanzig Kilometer vor. 
Bei Ralusz tauchen endlich deutsche Stahlhelme auf. Schon ist alles vorüber. 
Die Offensive wird wie ein Strohfeuer erstickt, auf das man in aller Eile einen 
Eimer TDasser schüttet. 
Die Österreicher befinden sich in einer furchtbaren Lage. Ihre Truppen 
sind durch die Verschiedenheit nationaler Abstammung zerrissen. Tschechische 
und andere slawische Formationen leisten den Kriegsdienst nur mit unver- 
hohlenem Widerwillen. Ihre Offiziere können nur mit äußerster Anstrengung 
den Zusammenhalt wahren. Hinzu kommt, daß auch die österreichische Ver- 
waltung im Innern des Landes mit ungleich größeren Schwierigkeiten zu 
kämpfen hat als die deutsche. Es ergeben sich trostlose Aussichten für die Zu- 
kunft. Österreich ist fast am Ende seiner kriegerischen Leistungsfähigkeit angelangt. 
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