Volltext: Sperrfeuer um Deutschland

Der Aufmarsch im Osten hat beschränktere Ziele. Eine einzige deutsche 
Armee, die 6., übernimmt den Schutz der Ostgrenze und versammelt sich an der 
ostpreußischen Grenze. Das Landwehrkorps des Generals vonN)oyrsch bewacht 
Oberschlesien und bildet das Verbindungsglied zu den Österreichern. 
An der Spitze des österreichischen Generalstabes steht Conrad von Hoetzen- 
dorfif, ein tüchtiger, leicht beweglicher General voll gedankenreicher strategischer 
Pläne, ein treuer Bundesgenosse Deutschlands und gleichzeitig ein unbedingter 
Diener seines kaiserlichen Hauses. Starke österreichische Rräfte sind auf Ser- 
bien angesetzt. Jedoch soll eine der drei gegen Serbien aufmarschierenden 
Armeen nach beendetem Aufmarsch sofort auf den russischen Kriegsschauplatz 
gefahren werden. 
Das liegt nicht im Sinne der deutschen Heeresleitung, die Serbien von 
vornherein als Nebenkriegsschauplatz bewertet und die Massierung der Kster- 
reicher gegenüber Rußland erwartet, damit Deutschland unterdessen im VDesten 
entscheidend kämpfen kann. Telegramme fliegen hin und her. Aber Conrad 
von Hoetzendorff glaubt die einmal laufende Bewegung nicht ohne Gefahr 
umstellen zu können. 
Er traut sich sogar beides zu, ein starkes Auftreten gegen Serbien, dessen 
Züchtigung das Ansehen der Monarchie verlangt, und einen kühnen Angriff 
auf die russische Hauptmacht, die sich ostwärts Galizien versammelt. Sein 
Plan ist ebenso verwegen wie ritterlich. Er will durch diesen Angriff möglichst 
viele russische Rorps vor den Österreichern binden, um den Deutschen ihre 
harte Verteidigungsaufgabe im Norden der Ostfront zu erleichtern und um die 
Voraussetzungen eines raschen und siegreichen Feldzuges gegen Frankreich 
schaffen zu helfen. 
Etwa zoo 000 Deutsche und 900000 Österreicher, das sind 1 ) 00 000 Ver- 
bündete, stehen im Osten gegen fast drei Millionen Russen. 
☆ 
Am Abend des 2. August spricht der deutsche Gesandte in Brüssel bei der 
belgischen Regierung vor und überreicht eine Note seiner Regierung. Der 
deutsche Reichskanzler ersucht um Zulassung des freien Durchmarsches deutscher 
Truppen durch belgisches Gebiet und sichert für diesen Fall die Unversehrtheit 
Belgiens und eine angemessene Entschädigung zu. Es wird um sofortige Ant- 
wort ersucht. 
Jedermann weiß, daß die belgische Neutralität nur noch zum Scheine be- 
steht. Längst sind militärische Vereinbarungen zwischen Belgien und Frank- 
reich getroffen. Der Ausbau der belgischen Festungen ist einseitig gegen Deutsch- 
land gerichtet. Die belgische Armee versammelt sich bereits gegenüber der 
deutschen Grenze. 
Am 3. August wendet sich Rönig Albert von Belgien an die englische 
Regierung, unterrichtet sie über den deutschen Schritt und bittet um diplo- 
matische Unterstützung. 
Eilends sucht der englische Botschafter in Berlin den Reichskanzler auf und 
fordert die strikte Achtung der belgischen Neutralität. England weiß, welchen 
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