Volltext: Sperrfeuer um Deutschland

Ist es wahr, daß man nun nicht mehr in jenen jämmerlichen Bereitschafts- 
Unterkünften zu frieren braucht, die als Reste einer vier Monate langen wüten- 
den Beschießung übriggeblieben sind* Man soll wieder durch einen zwei Meter 
tiefen, mit Lattenrosten belegten und durch Bretter abgestützten Graben laufen, 
den der Feind nicht einsehen kann* Man soll in zehn Meter tiefen Erdstollen 
sitzen, deren Wände aus Hellem Holz sind, auf die man Postkarten von daheim 
nageln kann* Womöglich brennt ein behagliches Hfchen in der Ecke, und der 
Schall des Artilleriefeuers von oben dringt nicht einmal bis zu den Ohren 
derer, die hier unten geborgen sind* Es wird regelmäßige Ablösungen geben* 
Im Stollen unten wird man behaglich sein Pfeifchen schmöken* 
Seligkeit genug, solcher Genüsse teilhaftig zu werden. Es muß ein Wechsel 
sein zwischen Hölle und Himmel. 
☆ 
Eine Woche lang triumphierte die Entente über ihren angeblichen Sieg. 
Aber ihre Generalstäbe knirschten schon mit den Zähnen. Die Deutschen hatten 
ihnen einen bösen Streich gespielt. 
Als nun die Öffentlichkeit in England und Frankreich vergeblich auf die 
Nennung ungeheurer Gefangenenziffern und Geschützbeute wartete, wie sie sich 
für einen solchen Sieg geziemten, nahm die Ententepropaganda eine kühne 
Schwenkung vor. 
Die Siegesstimmung war ausgenutzt. Ein lohnenderes Ziel winkte jetzt. 
Eine Welle von Haß, Verleumdung, Kritiklosigkeit und Gift wurde über die 
ganze Welt ausgegossen. Die Zerstörungen im Räumungsgebiet, die für die 
deutschen Truppen bitterste Rriegsnotwendigkeit waren, wurden zum rohen 
Vandalismus umgefälscht. Staatsmänner, Abgeordnete, Professoren im Amt 
und Offiziere vereinigten sich mit der presse auf ein gegebenes Stichwort, um 
die Bevölkerung der eigenen Länder zu neuem Rriegswillen aufzupeitschen. 
Endlose Rabelmeldungen eilten über den Ozean, wo sie von der amerikanischen 
Presse vorbehaltlos aufgenommen wurden und dazu beitrugen, den naiven 
Amerikaner mit der erforderlichen Rriegsbegeisterung zu versehen. Mit einem 
Trommelfeuer von Greuelberichten wurden die Neutralen bearbeitet. Deutsch- 
land benutzte die spärlichen Wege, die ihm offenstanden, zu langen statistischen 
Erklärungen und Protesten. Sie wurden fast gar nicht beachtet. Sie verhallten 
innerhalb der Mauern, die rings um die Mittelmächte aufgerichtet waren. 
Das Entrüstungsgeschrei auf der feindlichen Seite entsprach einer ebenso 
nüchternen Berechnung wie der Operationsplan eines Generalstabes. Die Be- 
arbeitung der öffentlichen Meinung, ihre unauffällige Lenkung und ihre X)er- 
sorgung mit allen den Regierungen genehmen Parolen war drüben längst in 
festen und geschickten Händen zentralisiert. Es gab eine propagandistische 
Kriegführung genau so wie eine politische und eine militärische. 
Es galt, durch Betäubung und Ablenkung der Öffentlichkeit über die fatale 
Lage Hinwegzugelangen, in die man geraten war. Die Revolution in Rußland, 
die über alles Erwarten schlimmen Wirkungen des unbeschränkten Untersee- 
bootkrieges in den ersten beiden Monaten und die immer noch nicht einsetzende 
aktive Hilfe Amerikas machten diese Lage schon peinlich genug. Nun kam hin¬
	        
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