Volltext: Sperrfeuer um Deutschland

durch einen gelinden Anstoß in Bewegung gesetzt — und es ist von Minute an 
nichts mehr im ganzen Lande, das nicht ein Glied dieser Maschine wäre. 
Schon rollen die ersten Militärzüge westwärts, über den Rhein gegen 
Aachen, durch das Moseltal gegen Trier, an der Nahe entlang auf Saar- 
brücken, durch die Pfalz und im Elsaß. Blumengeschmückt sind die mit Stoff 
überzogenen Helme, funkelnagelneu Lederzeug und feldgraue Uniformen. 
Strahlend die Gesichter und lachend der Mund. 
In Berlin, dem Reichstage gegenüber, steht ein schmuckloses, mächtiges 
Gebäude von viereckigen Ausmaßen, aus rotem Sandstein gebaut. Davor sieht 
man das Denkmal des alten Moltke. Es ist der Große Generalstab. Im Frieden 
hat man nicht viel von ihm gehört. Die Offiziere, die ihm angehörten, trugen 
einen besonderen karmoisinroten Streifen an den Hosen, und man wußte, daß 
sie eine geistige Auslese der Armee darstellten. 
Mit dem Augenblick der Mobilmachung ist dieses Haus zum Zentralgehirn 
des ganzen ungeheuren Apparates geworden, den die deutsche Feldarmee darstellt. 
Seit im Jahre )9o6 Graf Schlieffen, der Erbe des großen Moltke, den 
Dienst verlassen, regiert hier als des Alten Nachfolger sein Neffe, General- 
oberst Helmuth von Moltke, ein stiller, anspruchsloser, fleißiger und im Herzen 
die Sache seines Volkes mit Sorgen bewegender Mann. Seine Gesundheit ist 
nicht die beste. Die drohende Kriegsgefahr trifft ihn in einem Bade, wo er 
zur Rur weilt. 
Fünf Tage währt die Mobilmachung. Es bedarf nicht einer einzigen Rück- 
frage an den Großen Generalstab. Mehr als drei Millionen Menschen, fast 
eine Million Pferde, an sechstausend Geschütze aller Raliber und viele Hundert- 
tausende von Fahrzeugen müssen aus ihren Mobilmachungsplätzen in die Auf- 
marschräume der Armeen im Osten und besten gefahren werden. 
Fünfzehn Tage nach Ausspruch des Mobilmachungsbefehls, zehn Tage nach 
vollendeter Mobilmachung ist jeder Mann, jedes Pferd, jedes Geschütz, jedes 
Fahrzeug an seinem Platze. Die Armeen stehen vormarschbereit an den Grenzen. 
Graf Schlieffen hat seinen Mitarbeitern und Nachfolgern ein Vermächtnis 
hinterlassen, das im ganzen Generalstabe als eine Art Glaubensbekenntnis gilt. 
Bevor die russische Dampfwalze zu voller Wirksamkeit gelangt und das Land 
im Osten hemmungslos überschwemmt, muß im Westen die Entscheidung ge- 
fallen sein, die uns die Hände frei macht. Es gilt, die Franzosen nicht zu 
besiegen, sondern sie zu vernichten. Ein einfacher strategischer Sieg kommt in 
unserer Lage einer Niederlage gleich. 
Mittel zu diesem Zweck ist eine gewaltige Schlacht mit starkem rechten und 
schwachem linken Flügel. Strategische Voraussetzung ist die offenkundig zu 
erwartende Parteinahme Belgiens für unsere Feinde. 
Man kennt die Absichten der französischen Strategie. Die Franzosen wollen 
durch eine große Offensive Lothringen überrennen und auf Mainz stoßen. 
Immer noch spukt etwas von der Mainlinie in ihren Röpsen. Indes nun der 
linke deutsche Flügel mit schwachen Rräften diesen Stoß auffängt — infolge 
des mit aller Gewalt und größter Schnelligkeit geführten deutschen Stoßes 
wird er kaum zur Ausführung gelangen — quillt die deutsche Hauptarmee 
unaufhaltsam durch Belgien, trifft in Nordfrankreich auf den Gegner, ver- 
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