Volltext: Sperrfeuer um Deutschland

Da kam ein unerwartetes Ereignis. Am 2. Mai wurde die russische Front 
bei Tarnow-Gorlice zerrissen. Ein unerhörter deutsch-österreichischer Sieges- 
lauf begann. Die Verlustziffern der Russen waren furchtbar und stiegen rasch 
so hoch, daß sie den ganzen von Italien zu erwartenden Menschengewinn im 
voraus auffraßen. VDie eine mürbe Leinwand riß die russische Front nach 
Norden und Süden weiter. Im TDestert kam der 9. Mai zwischen La Bassee 
und Arras. Trotz mächtiger Anstrengungen und Opfer gelangten die englischen 
und französischen Divisionen nicht über ein paar niedergehämmerte Dörfer 
hinaus. 
Rom begann stutzig zu werden. Aber es war zu spät. Die Entente bestand 
auf ihrem Schein. Sie war nicht gesonnen, sich einen Betrug gefallen zu lassen. 
Eine englische Flotte, für die Dardanellen bestimmt, und die ganze französische 
Flotte lagen im Mittelmeer. XOtit und schutzlos dehnten sich die italienischen 
Rüsten vor ihnen. 
So tat Italien den letzten Schritt. Am letzten Tage der im Geheimvertrag 
vorgesehenen Frist von vier TDochen erklärte es seinem Bundesgenossen Kster- 
reich den Rrieg. Deutschland gegenüber das gleiche zu tun, vermied man einst- 
weilen. Es wäre auch mit dem besten Vvillen nicht möglich gewesen, einen 
X>orwand zu finden. Aber kurz nachdem die ersten Schüsse an der neuen Front 
gefallen, trafen die Italiener auch auf eine deutsche Division, die Schulter an 
Schulter mit den Österreichern stand. 
Der größte Teil der neuen Front kam für italienische Offensivhandlungen 
nicht in Betracht. Die Tiroler Alpen lagen als ein unüberwindlicher natür- 
licher Schutzwall im Norden. Die einzige Aussicht bot sich beiderseits von 
Görz im Rüstenabschnitt des Isonzo. 
Schritt für Schritt rückte General Cadorna mit seinen Divisionen gegen 
diesen Abschnitt heran. Seine Bedachtsamkeit ließ den Österreichern Zeit, sich 
einzurichten. Conrad von Hoetzendorff hatte vorwärts Görz nur schwache 
Sicherungen belassen. Seine Absicht war, sich näher an das Gebirge heran- 
zuziehen, um sich dort zu verteidigen. Man mußte in der Defensive bleiben, 
bis der russische Feldzug entschieden war. 
Zur großen Überraschung der Österreicher gelang es den Italienern nicht, 
diese Sicherungen zu werfen. Jetzt erst entschloß sich Conrad von Hoetzendorff, 
die Verteidigung weiter nach vorn, ungefähr in die Linie der bisherigen Siche< 
rungen, zu legen. 
Die Folge der Isonzoschlachten begann. Es hat ihrer im Laufe der Jahre 
ein Dutzend gegeben. Sie kosteten die Italiener Ströme von Blut und brach- 
ten ihnen belanglose örtliche Gewinne. 
Nachher, zwei Jahre später, genügte eine einzige deutsche Armee, um zu- 
sammen mit den österreichischen Divisionen das italienische Heer von den 
Alpenhängen hinunterzufegen. Im Zustande schlimmer Auflösung strömten die 
Divisionen durch die venetianische Ebene und retteten sich hinter den piave. 
Der Rrieg gegen Deutschland ist in Italien niemals populär gewesen. Erst 
nach dem deutsch-österreichischen Vordringen bis zum piave gelang es der 
Regierung, mit dem Hinweis auf die Not des Vaterlandes in der Bevölkerung 
eine kriegerische Stimmung zu schaffen, die sich auch gegen Deutschland richtete. 
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