Volltext: Sperrfeuer um Deutschland

Die Vorgeschichte seines Eintritts in den Rrieg wird für Italien stets ein 
beschämendes Rapitel bleiben. Die Erreichung seiner politischen Ziele kann 
daran nichts ändern. Italien war mit Deutschland und Österreich im Dreibund 
vereinigt, dessen Charakter defensiver Natur war. Die militärischen Ab- 
machungen für den Kriegsfall sahen ursprünglich die Stellung einiger italie- 
nischer Rorps für die deutsche Front im Elsaß vor. 
Die italienische Regierung benutzte die rein äußerliche Tatsache, daß Deutsch- 
land und Österreich als erste Mächte die formelle Kriegserklärung aussprachen, 
um sofort in Berlin zu erklären, daß sie den Bündnisfall nicht als gegeben 
betrachte. Sie versicherte ihre Neutralität in dem ausbrechenden Rriege. Das 
war der erste Schritt. Frankreich konnte nun unbedenklich seine an der ita- 
lienischen Grenze stehenden Rorps auf den westlichen Kriegsschauplatz fahren. 
England war aller Sorgen im Mittelmeer enthoben. 
Bald folgte der zweite Schritt. Die italienische Regierung ging dazu über, 
sich ihre Neutralität bezahlen zu lassen. Je länger der Rrieg dauerte und je 
angespannter die Lage der Mittelmächte wurde, desto größer wurde der ge- 
forderte preis. Die deutsche Regierung sandte den früheren Reichskanzler 
Fürsten von Bülow nach Rom. Der Fürst besaß in Italien ein großes An- 
sehen. Seine Aufgabe war, den peinlichen Handel durchzuführen, zu dem die 
Not der Verhältnisse uns zwang. Italien schraubte den preis abermals höher. 
Der dritte Schritt war die heimliche Fühlungnahme mit England und 
Frankreich. Man begann in Rom den Vorteil des Händlers wahrzunehmen, 
dessen "Mare von zwei Seiten begehrt wird. Aber die VDestmächte verlangten 
mehr als Neutralität, sie verlangten Teilnahme am Rrieg. Dafür sagten sie 
Italien die Erfüllung aller seiner nationalen Dünsche zu und lieferten ihm, 
einstweilen auf dem Papier, Tirol bis zum Brenner, Istrien und Dalmatien, 
den beherrschenden Einfluß in Albanien und ein Stück der erhofften türkischen 
Beute aus. Sie hatten es leicht, denn alles ging auf Rosten der mit ihnen 
Rrieg führenden Länder. Das Angebot war klar, großzügig und verlockend, 
wenn man den Bruch mit den früheren Verbündeten und die Ungewißheit des 
Rriegsausganges auf sich nahm. 
Fürst Bülow ging so weit, wie es die Rücksicht auf unseren Verbündeten 
Österreich irgend gestattete. Unter deutschem Druck erklärte sich die TDiener 
Regierung zur Erfüllung fast sämtlicher italienischer Dünsche bereit. 
Das war für Rom nur der Anlaß, seine Forderungen abermals hinaufzu- 
schrauben. Die Österreicher knirschten mit den Zähnen. Es half nichts, man 
mußte jedes Mittel versuchen, eine weitere Ausdehnung des Rrieges zu ver- 
meiden. YDiert war auch bereit, auf Triest zu verzichten. 
Aber nun kam den Italienern der Gedanke, daß diese Art, ihre nationalen 
Ziele zu erreichen, bei einem Siege der Mittelmächte unter Umständen doch zu 
unangenehmen Folgen führen könnte. Es schien ihnen sicherer, das Gewicht 
ihrer Macht ganz auf die Seite derer zu legen, die eine Zertrümmerung der 
Mittelmächte erstrebten. Mährend die Verhandlungen in TDien und Berlin 
zum Schein noch fortgesetzt wurden, schloß Rom am 26. April 1915 ein Geheim¬ 
abkommen mit Paris und London, das Italien zum Eintritt in den Rrieg 
binnen vier IlVochen verpflichtete. 
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