Volltext: Sperrfeuer um Deutschland

Großkampf zu suchen und den Feind in offener Seeschlacht zu treffen. Es galt 
als selbstverständlich, daß man mit diesem Grundsatz den strategischen Absichten 
der Engländer begegnen würde. Niemand zweifelte daran, daß die englische 
Armada alsbald nach Rriegsbeginn in der Deutschen Bucht aufmarschieren und 
daß es dort zu einer Seeschlacht von furchtbarer und entscheidender Bedeutung 
kommen würde. 
\£He weit war der deutsche Flottenbau-Grundsatz zu Beginn des IDeltkrie- 
ges verwirklichte Ein einfacher Zahlenüberblick zeigt, daß England im Begriff 
stand, seinen bisherigen Vorsprung noch durch eine mächtige Anstrengung zu 
vergrößern. 
Im August 19)4 zählte England insgesamt 60 Linienschiffe und 43 Panzer¬ 
kreuzer. Von diesen 103 Schiffen waren 29 Großkampfschiffe. Deutschland besaß 
35 Linienschiffe und 13 Panzerkreuzer, darunter 17 Großkampfschiffe. Auf eng- 
tischen TDerften waren im Bau begriffen 17 Großkampfschiffe, auf deutschen 
'Werften )). 
Noch viel ungünstiger lagen die Neubauverhältnisse für Deutschland bei 
den übrigen Schiffsklassen. England zählte 73 fertige und 21 im Bau befindliche 
kleine Rreuzer, Deutschland 41 fertige und 6 im Bau. England besaß 289 Tor¬ 
pedoboote und baute 30, Deutschland 2)9, im Bau 17. Auf Unterseeboote wurde 
beiderseits noch kein allzu großes Gewicht gelegt. Man hatte noch keine großen 
Erfahrungen über ihre Verwendbarkeit. England hielt 77 Boote im Dienst 
und baute 28. Deutschland verfügte über 26 fertige Boote, 12 waren im Bau 
begriffen. 
Rechnet man die russischen und französischen Seestreitkräfte hinzu — die 
russischen banden einen Teil der deutschen Flotte dauernd in der Ostsee, die 
französischen nahmen den Engländern die Sorge für das Mittelmeer ab und 
erlaubten die Ronzentrierung der gesamten englischen Flotte in der Nordsee —, 
bedenkt man die nicht nennenswerte Kampfkraft der österreichischen und der 
türkischen Flotte und hält man dazu die ungünstige strategische Lage der deut- 
schen Seestreitkräfte, so ergibt sich schon für den ersten Tag des Seekrieges ein 
düsteres und nachdenklich stimmendes Bild unserer Lage auf dem TDasser. 
Niemand dachte damals daran, zu welchen Mitteln England greifen würde, 
um seine flottenstrategische Überlegenheit in die furchtbarste Rriegswaffe aller 
Zeiten zu verwandeln. Durch die brutale, auf die Aushungerung Deutschlands 
gerichtete, über alle Grenzen des Völkerrechts sich hinwegsetzende und die Neu- 
tralen kurzerhand miteinbeziehende Seeblockade wurde Deutschland mit einem 
Male vor die Frage gestellt: „Stirb oder kämpfe mit allen Mitteln, die dir er- 
reichbar sind." 
☆ 
Die größte Überraschung des Rriegsbeginns war die Tatsache, daß die eng- 
lische Armada ausblieb. Die deutschen Geschwader lagen ständig unter Dampf 
in ihren Ausgangshäfen. Ihre Mannschaft fieberte, die Kampfkraft der Schiffe 
zu erweisen. Bis zum letzten Tüpfelchen war alles fertig. 
Nichts erfolgte, das Meer blieb still. 
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