Volltext: Geschichte des Cistercienser-Klosters Wilhering

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Nachfolger. MenschenkennLniß scheint überhaupt nicht die 
Stärke Caspars gewesen zu seyn. Mit dem AbbLe Wilhelm 
leistete er jedenfalls dem Kloster Seisenstein einen schlechten 
Dienst, denn er war ein ganz schwacher Kopf, und ein so un¬ 
geschickter und zugleich so eigensinniger Schuldenmacher, daß 
er in kurzer Zeit jüdischen und christlichen Wucherern in die 
Hände fiel. Im Kloster wußte er weder Zucht noch Ordnung 
aufrecht zu erhalten; die Diener des Hauses mißbrauchten ihn 
auf eine völlig unglaubliche Weise. Als endlich 1666 eine voll¬ 
ständige Crida ausbrach, wurde der Untüchtige abgesetzt, und 
starb als Pfarrer zu Gottsdorf, welches dem Kloster einverleibt 
war, am 16. Jänner i684.*) 
Zur Zeit dieses Abbtes lebte Johann Rieding er als 
Conventual im Kloster — ein Mensch, der dem Trünke erge¬ 
ben außerhalb der engen Klostermauern herumzuschwärmen 
liebte. Da dieses öfter bis tief in die Nacht hinein fortgesetzt 
wurde, so verfiel er wiederholt in Strafe, die ihn aber nicht 
zu bessern vermochte. Endlich floh er bei nächtlicher Weile 
über die Klostermauer hinaus und kam in Leipzig, wo er zum 
Lutherthum übertrat, wieder zum Vorschein. Er ist derselbe, 
der in feiner Revoeationspredigt seine gelehrten und ungelehr¬ 
ten Zuhörer so rührend und erbaulich belog, indem er schil¬ 
derte, mit welch ausgesuchter Grausamkeit die protestantischen 
Unterthanen zur katholischen Religion zurückgeführt werden;**) 
*) Die Schuld, daß die Sache so weit kam, fallt ganz auf den 
Abbt Caspar, der in seinem Eigensinne nicht unrecht haben 
wollte. Schon 6 Jahre früher äußerte der Secretair des Abb¬ 
tes von heil. Kreuz sich schriftlich dahin: Omnibus pensatis 
melius Consilium excoqui non potuit, quam illud, quoll 
jam dudum attentari plurimum nostri intererat, ut scilicet 
disponatür suavibus ceclere loco et dignitate; nara grande 
opprobrium est religioni et ordini, quoll sustineatur in 
sublim!, quem aequitas forte pridem condemnasset ad te- 
nebras. 
**) So erzählt er: Eine Mutter, welche ihr Kind auf dem Arme 
trug, wurde von einem Commissare so lange mit der Karbat¬ 
schen geschlagen, bis sie gebeichtet; das Kind, welches auch ge¬ 
troffen worden, starb am folgenden Tage. Man sehte den 
Leuten den Degen auf die Brust und drohte ihnen den Tod. 
Ein Gutsherr lies mit der Peitsche umher, und trieb die Leute 
in's Schloß, wo sich die kaiserlichen Commissare, Pfaffen,
	        
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