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Durch strenge Maßregeln hatte Herzog Wilhelm dem weiteren Umsichgreifen
der Reformation in Bayern Einhalt gethan; aber desto mehr fand Luther's Lehre
in den Reichsstädten Regensbmg, Nürnberg, Augsburg u. a. m., dann in den
benachbarten österreichischen, pfälzischen, fränkischen und schwäbischen Ländern
empfänglichen Boden.
Dem Herzoge Wilhelm IV., beigenannt der Standhafte, folgte 1550 in
der Regierung dessen einziger Sohn Albrecht V., der sich gleichfalls alle Mühe
gab, die Neuerungen Luther's von seinen Landen ferne zu halten.
Auch Kaiser Carl V., der 1519 seinem Anherrn Max I. auf den deutschen
Kaiserthron gefolgt war, war kräftigst bemühet, die Neligiousparteieu zu vereinigen
und einen dauerhaften Religionsfrieden zu stiften, doch sein Bemühen scheiterte an
dem Widerstreben der Anhänger Luther's, die von ihrem Protestiren den Namen:
„P r o t e st a n t e n" erhielten.
Churfürst Moriz vou Sachsen, von dem Kaiser als sein Freund und An¬
hänger gehalten, hatte sogar insgeheim Bündnisse mit den Feinden desselben abge¬
schlossen, unter dem Borwande, die Freiheit Deutschlands vor der Unterjochung
des Kaisers zu wahren, so wie die wahre Religion — die Lutherische — auf¬
recht zu halten.
Der Verabredung gemäß zog Churfürst Moriz im März 1552 mit einer
erklecklichen Armee durch Franken und mit Windesschnelle gegen Augsburg und
gegen die oberen Donaustädte, um sich mit dem Könige von Frankreich zu vereinigen.
Herzog Albrecht Y. von Bayern hatte währenddem zwischen dem römischen
Könige Ferdinand von Oesterreich und dem Churfürsten Moriz einen Waffenstillstand
und einen Präliminarvertrag zu Linz vermittelt, damit den Kriegesverwüstungen zwi¬
schen den protestantischen Bundesfürsten einerseits und dem Kaiser andererseits ein
Ziel gesetzt würde. Ungeachtet dieses abgeschlossenen Vertrages brach Churfürst
Moriz plötzlich von der Donau auf und rückte mit seinem Heere gegen Tyrol,
um den Kaiser, der damals zu Innsbruck ohne Geld, ohne Armee sich aufhielt, zu
überfallen und gefangen zu nehmen; rechtzeitig genug entging der Kaiser dieser
Gefangennehmung durch die Flucht über den Brenner nach Kärnthen.
Von Innsbruck fuhr Churfürst Moriz auf dem Inn nach Passau hinab,
weil dortselbst am 1. Juni 1552 ein Zusammentritt mehrerer Fürsten stattfand.
Der römische König Ferdinand, Herzog Albrecht von Bayern, Churfürst
Moriz von Sachsen, die Bischöfe von Salzburg, Passau und Eichstätt erschienen
dabei in Person, die vier rheinischen Churfürsten und der Churfürst von Branden¬
burg, dann die Herzoge von Braunschweig, Würtemberg, Jülich, Pommern, waren
durch Bevollmächtigte vertreten. Es wurden Friedensverhandlungen eröffnet,1)
und am 2. August desselben Jahres unter dem Namen: „Passauer-Vertrag"
l) Die Verhandlungen des Congresses fanden in einem Saale des dermaligen Post¬
gebäudes am Paradeplatze statt.