Volltext: Joerg Gartner

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JOERG GARTNER. 
3. Grabstein des Abtes Johannes IV. Riemer, f 1514, 
in Aldersbach. 
sondern gefügig und geschmeidig passt er sich den 
wechselnden Aufgaben an. 
Ich versuche, diese bisher als Arbeiten Joerg 
Gärtners völlig unbekannten Werke auf Grund ihrer 
besonderen stilistischen Eigentümlichkeiten zu den 
beiden bekannten Grabsteinen in Beziehung zu setzen. 
Auf der gleichen künstlerischen Stufe wie der 
Stein der Mautner in Burghausen scheinen mir zu¬ 
nächst noch zwei Grabsteine zu stehen, der eines 
Pfarrers Johannes Hofmann von Waldkirchen und 
Kirchberg, gest. 1511, in der Herrenkapelle am 
Domkreuzgang zu Passau1) (Abb. 1) und der des 
Propstes Mathäus Pürckner (1495—1527) im Re¬ 
gulierten Chorherrnstift zu Reichersberg am Inn2) 
x) Verhandlungen des histor. Vereins für Niederbayern 
Bd. VI (1858) S. 118. 
2) Kunsthist. Atlas der K. K. Centralkommission Bd. X 
(1892—1894) Taf. LXIV, 5. 
Koni*. Me in dl, Geschichte des Regulierten Chorherrn¬ 
stifts Reichersberg a. Inn. 1902 S. 26. 
(Abb. 2). Johannes Hofmann ist im Ornate darge¬ 
stellt und hält vor sich Missale und Kelch. Die Ge¬ 
stalt wird genau wie auf dem Mautnerstein von Baum- 
stämmchen mit Blätterkronen umrahmt. Die Auf¬ 
fassung des Verstorbenen ist einfach und schlicht; 
es boten sich in der Aufgabe keine besonderen 
Schwierigkeiten. Wenig ansprechend ist der dick- 
wangige Kopf mit den schematisch behandelten 
Locken gegeben, dagegen sind die Hände, meist 
eine Klippe für den mittelalterlichen Reliefplastiker, 
zierlich und geschickt artikuliert durchgebildet. Das 
Todesdatum ist mit der übrigen Schrift konform 
eingemeisselt, sodass der Stein sicher erst nach 1511 
anzusetzen ist. Er dürfte demnach etwa gleichzeitig 
mit dem Steine der Mautner entstanden sein. 
Propst Matthäus Pürckner in Reichersberg 
(Abb. 2) hatte sich, wie das erst später eingefügte 
Sterbedatum belegt, seinen Stein schon zu Lebzeiten 
fertigen lassen. Über die Autorschaft Gärtners 
kann kein Zweifel bestehen; die Baumnische spricht 
genügend für ihn. Aber der Meister will ein Anderes 
geben. Er stellt den Verstorbenen nicht wie den 
Johannes Hofmann im vollen Leben dar, sondern 
im Augenblicke friedlichen Entschlummerns; darauf 
deuten wenigstens die Gesichtszüge des zur rechten 
Schulter leicht geneigten Hauptes und der grosse 
Kreuzpartikel. Dieses Werk erscheint in der breiten 
flächigen Ausführung dem Mautnerepitaph noch 
näher stehend als der Stein des Hofmann; zum Teil 
mag diese Verwandtschaft ihren Grund auch in 
dem ausgesprocheneren Hochrelief dieser beiden 
Figuren haben. Unterschiede, welche auf eine fort¬ 
geschrittenere Entwicklung hindeuteten, weist keiner 
der Steine auf; sie müssen ziemlich zu gleicher Zeit 
entstanden sein. 
Zwei weitere Grabsteine Joerg Gärtners, die 
sich unmittelbar an die ebenerwähnten anschliessen, 
stehen im Chorumgang der ehemaligen Klosterkirche 
von Aldersbach bei Vilshofen. Der ältere Stein, 
der des Abtes Simon ist wesentlich später, als es 
das Todesdatum 1501 vermuten lässt, entstanden. 
Jedenfalls überragt er die Epitaphien des Pfarrers 
Hofmann und des Propstes Pürckner in künstler¬ 
ischer Reife, namentlich im Gesichtsausdruck so be¬ 
deutend, dass er nach diesen, also etwa um die Mitte 
des zweiten Jahrzehnts zu setzen ist. Der zweite 
Stein in Aldersbach ist der des Abtes Johannes IV. 
Riemer, der 1514 in Passau starb (Abb. 3). Er ist 
unvergleichlich reicher und namentlich in der Wieder¬ 
gabe des reichen Brokatornates von solch minutiöser 
Arbeit, wie sie Gärtner niemals mehr ausgeführt
	        
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