Volltext: Joerg Gartner

JOERG GARTNER. 
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sunken, kraftlos ruht seine Linke an der Parier¬ 
stange des Schwertes. Man vermisst den monu¬ 
mentalen Zug des Neideck-Epitaphs. Ja selbst in 
dem ornamentalen Beiwerk machen sich nicht un¬ 
wesentliche Unterschiede geltend. Bei dem Mautner¬ 
stein überwiegt noch in echt gotischer Art das 
breitlappige Blattwerk der Nische, das dem Kontur 
von Brust, Schulter und Kopf folgend, sich ein- 
und ausbiegt und beengend wirkt. Bei dem Neideck¬ 
stein dagegen hebt sich der Kopf des Ritters frei 
und unbeeinträchtigt heraus; das Laubwerk ist in 
die oberen Zwickel zurückgedrängt. Am augen¬ 
fälligsten aber offenbart sich der Fortschritt in dem 
Hunde; der des Mautner ist noch naiv, steif, un¬ 
förmlich aus dem Gedächtnis gebildet; den ge¬ 
schmeidig agilen des Neideck jedoch kann man sich 
ohne Naturbeobachtung nicht denken. All diese 
Unterschiede und Gegensätze zwingen zu der An¬ 
nahme einer erheblichen Differenz in der Ent¬ 
stehungszeit der beiden Werke. Wenn wir für den 
Mautnerstein etwa die Zeit um 1512 annahmen, 
müssen wir für den des Neideck zum wenigsten 
die Mitte, wenn nicht die zweite Hälfte des gleichen 
Jahrzehnts ansetzen. Auch die Waffengeschichte 
unterstützt diese Datierung. 
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* 
Die neuere Forschung hat bis jetzt weder wei¬ 
tere Arbeiten Joerg Gartners namhaft machen, noch 
sonst irgend Nachrichten über ihn erbringen können. 
Riehl,1) der den Meister und die beiden bezeich- 
neten Werke zuerst in die Kunstgeschichte ein¬ 
führte, schliesst aus dem Umstande, dass sein Name 
sich nicht in Regensburger Urkunden findet und 
»aus dem ganzen Charakter der Skulptur« »auf die 
in dieser Art der Grabplastik den Regensburgern 
weit überlegene Inngruppe«. Hager2) sucht, ohne 
Riehls Anschauungen zu kennen, auf Grund etwas 
weitläufiger genealogischer Beziehungen zwischen 
Friedrich Mautner und Joerg Schenk von Neideck 
gleichfalls den Wohnsitz Gärtners in der Inngegend. 
Regensburg und Burghausen boten keinerlei. 
Anhaltspunkte, die für den Meister und seine Kunst 
als Wegweiser hätten dienen können. Solche aber 
schienen mir gegeben in der für die beiden Städte 
x) Riehl, Deutsche u. italienische Kanstcharaktere 1893 
Seite 47. 
2) Die Kunstdenkmale des Königreiches Bayern I, 2441* 
Vgl. auch Seyler, Die mittelalterliche Plastik. Regensburg 
(1905) Seitens. 
ungewohnten Inkrustationstechnik der Steine einer¬ 
seits, wie andererseits in der örtlichen Lage Regens- 
burgs und Burghausens zu einander. Ungefähr 
halben Wegs zwischen beiden Orten, wenn wir die 
Wasserstrasse des Inn und der Donau wählen, treffen 
wir in Passau die Stadt, in der, wie kaum in einer 
zweiten, die Marmorinkrustation als eine Jahrzehnte, 
ja fast Jahrhunderte lange Tradition bis zum Be¬ 
ginn der Renaissance sich wach erhalten hatte. 
Dort mussten die weiteren Recherchen einsetzen. 
Die Spur täuschte nicht. In Passau selbst und 
im weiteren Umkreise der Stadt namentlich bis 
tief hinein nach Oberösterreich fanden sich eine 
stattliche Anzahl von Grabplatten, über deren Zu¬ 
weisung an Joerg Gartner kein Zweifel bestehen 
kann. Ihre stilistische Verwandtschaft mit den 
beiden bezeichnten Werken ist eine so augenfällige, 
dass man wohl geradezu von einer typischen sprechen 
darf. Aber der Typus ist kein strenger, starrer, 
2% 'Grabstein, des Frohstes Matthäus POrkner, f 1527',, 
in Stift Reichersberg.
	        
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