Volltext: Joerg Gartner

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JOERG GARTNER. 
14. Grabstein des Propstes Georg Pernpeck, f 1503, 
in der Herrenkapelle in Passau. 
Wurde der Grabstein, was wahrscheinlich ist, un¬ 
mittelbar nach dem Tode des kleinen Hans von 
Laiming gesetzt, so beansprucht er besondere Be¬ 
rücksichtigung in der Entwickelungsgeschichte der 
Darstellung der menschlichen Figur in der profanen 
Kunst. Den nackten Kinderkörper kennt das deutsche 
Mittelalter fast nur in der Gestalt des Christus¬ 
kindes; erst mit dem Eindringen des Putto in die 
Dekoration der Frührenaissance wird er der deut¬ 
schen Kunst geläufiger. Hier aber tritt er als 
Selbstzweck, man darf wohl sagen, als Porträt auf, 
zwar nicht in der abgeklärten Schönheit der Inno- 
centi Andreas della Robbia, sondern naiv, trotz 
mancherlei Schwächen aber warm empfunden und 
nicht nur aus der Tiefe des Gedächtnisses model¬ 
liert, sondern der Natur im engeren Sinne nach¬ 
gefühlt und auch nachstudiert. 
Das eigenartig liebenswürdige Relief wirft ein 
neues Licht auf den Meister. Dem künstlerischen 
Vermögen fein beobachtender allgemeiner Anord¬ 
nung und Raumverteilung, einer gewissen Gewandt¬ 
heit in den ornamentalen Gebilden, der scharfen 
Charakterisierung einer Generation kühner Recken 
und würdiger Kleriker fügt sich nun auch noch 
ein warmherziges Empfinden für die knospenden 
und schwellenden Reize des Kindeskörpers ein. Das 
alles bedeutet in seiner Gesamtheit eine reiche 
Künstlernatur, die vor der Schwelle einer neuen 
Zeit stehend, und Keime ihres Werdens schon in 
sich tragend, unbestreitbares Interesse fordert, und 
dies umsomehr, als, wie wir sahen, der Ruf des 
Meisters nicht an die heimatliche Scholle gebannt war. 
* * 
* 
Ich betrachte mit der stattlichen Zahl von nicht 
weniger als sechsundzwanzig Werken, die ich 
den beiden signierten 
Grabsteinen anreihen 
konnte, die Tätigkeit 
Gärtners noch keines¬ 
wegs in ihrem ganzen 
Umfang dargelegt, viel¬ 
mehr glaube ich, dass 
der bayerische Wald, 
das Donautal und viel¬ 
leicht auch das Inn- 
viertel noch ein oder 
das andere Werk sei¬ 
nes Meisseis in sich 
bergen. *) 
Die bis jetzt be¬ 
sprochenen Figuren- 
undWappensteine sind 
ohne Zweifel eigen¬ 
händige Arbeiten des 
*) Ob der Grabstein 
eines Pfarrers Ulrich Dorf¬ 
mayr oder Dorfmeister, 
gest. 1514, in der nördlichen 
Vorhalle der Marktkirche 
in Oberzell bei Passau, auf 
den Herr Domkapitular 
Dr. L. H. Kr ick mich auf¬ 
merksam zu machen die 
Liebenswürdigkeit hatte, 
vonjoerg Gärtner herrührt, 
wie genannter Herr ver¬ 
mutet, vermag ich, da ich 
den Stein nicht selbst be¬ 
sichtigen konnte, nicht zu 
entscheiden.
	        
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