Volltext: Joerg Gartner

JOERG GARTNER. 
das ornamentale Beiwerk als sichere Spur dienten, 
reihen wir noch einige andere figürliche Reliefs an, 
die zwar weniger in die Augen springende aber 
trotzdem nicht minder untrügliche stilistische Merk¬ 
male des gleichen Meisters an sich tragen. 
Zunächst erwähnen wir das Epitaph des Propstes 
Georg Pernpeck, gest. 1503, in der Herrenkapelle in 
Passau (Abb. 14). Der Verstorbene ist im Gebete 
knieend dargestellt; über dem Bildfeld liest man die 
Inschrift, unten finden sich zwei mit weissem Kalk¬ 
stein eingelegte Wappen. Die glatte Behandlung 
des Gesichtes, der Schnitt der Augen und die ge¬ 
kräuselten Haare entsprechen ganz dem in nächster 
Nähe stehenden Grabstein des Johannes Hofmann, 
nur dass alles im Epitaph des Pernpeck mit grös¬ 
serer Sorgfalt und reicherem Verständnis durch¬ 
geführt ist. So sind die Hände, die unter der 
dünnen Haut mit den kleinen Gelenkfalten deutlich 
den Knochenbau verraten, für die Zeit ausserordent- 
grazil gebildet und der aus kleinen Pelzstückchen 
zusammengenähte Chorrock von peinlich genauer 
Ausführung. In seiner ganzen plastischen Erschei¬ 
nung trägt der Stein etwas von einem fein zise¬ 
lierten und polierten Bronzeguss an sich. Der 
Künster hat es verstanden, durch die verschieden¬ 
artige Behandlung der Extremitäten einer- und des 
Chorrocks andererseits eine malerische Wirkung 
von hohem Reize zu erzielen. Dass nicht ganz 
das charakteristische Blattwerk fehle, füllt der 
Meister die Bogenzwickel damit, wie mit einer Art 
Monogramm aus. Der Stein gehört offenbar der 
reiferen Kunst des Künstlers an; er dürfte erheb¬ 
lich lange Zeit nach dem Tode des Propstes, wohl 
erst gegen Ende des zweiten Jahrzehnts des 
16. Jahrhunderts entstanden sein. 
Joerg Gärtner ist ferner noch das Grabdenkmal 
des im Jahre 1521 verstorbenen Archidiakons 
Stephan Westerkircher in der St. Barbarakapelle 
des Dompropsthauses in Passau1) zuzuschreiben, 
eine etwas nüchterne weichliche Arbeit, die, soweit 
ich bis jetzt das Lebens werk Gärtners überblicken 
kann, seine letzte war. (Abb. 4.) 
Ritter und geistliche Würdenträger waren das 
immer gleiche Thema des Meisters, wie es ja 
schliesslich die Zeit mit sich brachte. Mit zweien 
seiner Arbeiten aber griff er über dieses Gebiet 
hinaus. In Hutturm steht gegenüber dem Steine 
des Christophs von Watzmannsdorf jener der 1520 
1) Herr Domkapitular L. H. Krick in Passau hatte die 
Liebenswürdigkeit, mich auf diesen Grabstein aufmerksam zu 
machen. 
ü 
verstorbenen Frau Barbara von Watzmannsdorf 
der Gemahlin des Ritters Degenhart, dem gleichfalls 
Gärtner in der Kirche von Kellberg einen Stein 
gemeisselt hat (Abb. 12 u. 15). Der Grabstein wird 
durch seine ungünstige Aufstellung hinter dem 
Hochaltar der Pfarrkirche dem Blicke vollkommen 
entzogen. Unsere Abbildung gibt von dem reizen¬ 
den Werke nur eine höchst ungenügende Vor¬ 
stellung. Es ist ein ausserordentlich anmutiges 
Figürchen mit einem lieben, wie von einer Dürer- 
schen Madonna entlehnten Gesicht. Die Verstorbene 
steht in einer gotischen Nische, oberhalb welcher 
zwei Aspiden sich mit ihren langen Hälsen ver¬ 
schlingen. Die Nische kehrt genau auf einem noch 
zu erwähnenden Grabstein Gärtners von 1516 
in Passau wieder. Ein Kinderepitaph in Per les¬ 
reu th, das ich gleichfalls Joerg Gärtner zuschreibe, 
erwähne ich hier nur flüchtig, um eingehender am 
Schlüsse der Abhandlung darauf zurückzukommen. 
8. Grabstein des Degenhart von Watzmannsdorf, f 1506, 
in Keilberg.
	        
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