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JOERG GARTNER.
Aham, und fast möchte es scheinen, dass Gärtner
nie das Modell gesehen und das Porträt unabhängig
von ihm geschaffen hat. Dass wir es hier offenbar
mit einem Idealporträt zu tun haben, dürfen wir
um so eher annehmen, als der Stein ja erheblich
nach dem Tode des Ritters entstand, wie schon die
Rüstung belegt. Der Grabplatte Joerg Schenks ge¬
bührt in ihrer gross¬
zügigen Haltung un¬
bestreitbar der Platz
neben jener des Wolf¬
gang von Aham, und
im Bewusstsein ge¬
rechter Wertschät¬
zung seines Werkes
setzte denn auch der
Meister seinen vollen
Namen »iörg gart-
n e r « auf dasselbe.
Die Bildnisse der
beiden Watzmanns-
dorfer in H u 11 u r m
(Abb. ii) und Keil¬
berg (Abb. 8 u. io),
zumal das letztere,
können nur zu jener
Zeit entstanden sein,
als Gärtner den Stein
des Schenk von Neid¬
eck unter dem Meis¬
sei hatte. Sie wirken,
in ihrer Beschrän¬
kung auf die bild¬
liche Wiedergabe des
Verstorbenen ohne
weiteres Beiwerk, wie
Ausschnitte des Re¬
gensburger Steines.
Der Christoph von
Watzmannsdorf in
Hutturm ist jedoch
im Relief flacher und
weicher gehalten. Der Kopf des Ritters spricht in
der Schlichtheit der Mittel wie eine Gussmedaille
an. Das Porträt des Degenhart von Watzmannsdorf
in Keilberg (Abb. io) dagegen wirkt in seinem harten
Relief beinahe wie ein Abguss vom Neideck-Epitaph.
Die höchste Steigerung dieser letzten Gruppe
erblicke ich in dem Grabstein des Tristram Fröschl
von Marzoll in der Herrenkapelle zu Pas sau (Taf. 2).
Der Ritter starb zwar schon 1508, doch kann man
die Entstehung des Steines auf Grund der Rüstung
kaum vor 1515 ansetzen. Halsberg, Beintaschen
und Visierhelm mit Nackenschutz lassen sich zwar
noch mit dem Todesdatum in Einklang bringen,
die Riffelung der Brust aber und die hochgezogenen
Schulterstücke sprechen entschieden mehr für die
Mitte des zweiten Jahrzehnts. Der Verstorbene ist
entgegen der sonsti¬
gen Gepflogenheit
Gärtners barhäuptig
dargestellt (Abb. 13).
Er neigt den Kopf
todesmüd zur rech¬
ten Schulter, reiche
Locken quellen unter
einer zierlichen Scha-
pel hervor und um¬
rahmen das edle
Haupt. Leider ist
die linke Gesichts¬
hälfte ganz und die
rechte zum grossen
Teil durch Hammer¬
hiebe zerstört, so
dass wir dieses be¬
deutendste Porträt
Gärtners nur mehr
unvollkommen wür¬
digen können. Aber
trotz der erheblichen
Beschädigungen ver¬
rät der Kopf noch
die ehemalige Würde
und Schönheit. Aus¬
serordentlich fein ist
die Linie der rech¬
ten Wange gezogen
und das rechte Auge
geschnitten. Man
glaubt aus den weni¬
gen Resten ein ruhi¬
ges, müdes, schmerz¬
erfülltes Antlitz herauslesen zu können. Niemehr
bezwang Gärtner den Marmor so wie hier zu seelen¬
vollem Leben. Der Veredelung und der Ausreifung
zur künstlerischen Vollendung wird man erst ganz
bewusst, wenn man dem Bildnisse Tristram Fröschls
die derben Züge des ähnlich in Todesmüdigkeit
aufgefassten Propstes Pürkner gegenüberstellt.
Den bisher besprochenen Arbeiten Gärtners, für
die uns in erster Linie die Typik der Figuren und
7. Vom Grabstein des Wolfgang von Aham, f 1517, in Stift Reichersberg.