Volltext: Das Ringen um Fort Vaux [14/II. Teil] (Band 14 II. Teil / 1928)

Sorgen der Truppenführer. 
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bestand die deutsche vordere Linie immer noch aus nur einem einzigen, 
nicht einmal überall zusammenhängenden Graben. Eine zweite Linie war 
nur durch einige alte, kurze Grabenstücke und wenige M.G.Stützpunkte, 
meist ehemalige JRäume oder Batterien des Gegners, notdürftig gekenn- 
zeichnet. 
Die höhere Führung forderte, die Arbeitsleistungen der Truppe 
dadurch zu steigern, daß jeder Kompagnie ein bestimmtes Maß von Arbeit 
zugeteilt und sie nicht eher abgelöst wurde, als bis das festgesetzte Pensum 
erledigt war. Diese drakonische Maßnahme hatte erst recht keinen Erfolg 
und glich die Übermacht des feindlichen Artilleriefeuers nicht aus. Körper 
und Nerven des deutschen Soldaten waren am Ende ihrer Leistungsfähig» 
feit; die durch meist mehrfachen, monatelangen Einsatz vor Verdun aus- 
gemergelten, halb verhungerten Kämpfer waren am Ende ihrer körper- 
lichen und seelischen Kraft angelangt. 
Dazu legte sich die vielfache feindliche Überlegenheit an allem, — an 
Menschen, an Artillerie, an Fliegern, an Munition und Material wie 
ein Alp auf die Truppe. Kleinmut und Verdrossenheit lähmten den 
Willen und machten die Mannschaft nur zu geneigt, der Unzuläng- 
lichkeit des Truppenführers zuzuschreiben, was in Wirklichkeit in der 
ganzen, immer düsterer sich gestaltenden Lage Deutschlands begrün- 
det war. Immer wieder mußten noch Einheiten an andere Fronten ab- 
gegeben werden. Zudem fehlten kriegserfahrene Unterführer. Nur ganz 
selten gab es noch «inen Kompagnie- oder Zugführer, der zu Beginn des 
Einsatzes vor Verdun schon bei der Truppe gewesen war. Gerade die 
besten, tapfersten Leute waren größtenteils tot oder verwundet. Unter 
dem Ersatz, der seit dem Hochsommer nicht einmal mehr zahlenmäßig den 
Abgang deckte, befanden sich körperlich minder Taugliche wie auch wegen 
militärischer Vergehen im Felde Vorbestrafte, die eine Gefahr für Mannes- 
zucht und Geist wurden. Die Tatberichte mehrten sich erschreckend. Es 
gab böse Auftritte, die an Gehorsamsverweigerung und Meuterei grenz- 
ten, wenn eine Kompagnie zum soundsovielten Male zur Ablösung in Stel- 
Umg rücken sollte. 
Alles dies machte den Truppenführern schwerste Sorgen. Da es 
außerhalb ihrer Macht lag, das Grundübel, die dauernde Überspannung 
zu beheben, mußten sie sich mit Aushilfsmaßnahmen begnügen. In 
persönlicher Überwachung und Belehrung bemühten sich die Vorgesetzten 
aller Grade, die Mannschaften beim Ehrgefühl zu packen und ihnen die 
Notwendigkeit des Ausharrens klar zu machen. Durch polizeiliche und orga¬ 
nisatorische Maßnahmen suchte man dem Drückebergertum zu steuern. Da-
	        
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