Volltext: Historische und topographische Darstellung von Lilienfeld und seiner Umgegend [6] (6 = [Abth. 1] ; [Bd. 6] : Diöcese von Sanct Pölten ; Bd. 1 ; / 1825)

4ttö 
welches den katholischen Kirchenvorstehern einschärfte, die ka 
tholische Lehre in ihrer alten Reinheit wieder herzustellen. 
Dieser Zeitpunct schien dem Abt Valentin von Mzell der gün 
stigste zu seyn, die Pfarr Kaumberg, auf welcher sich eben 
der Pastor Caspar Tincher befand, wieder an sein Kloster zu 
bringen. Er wandte sich deßhalb an das Consistorium von Pas 
sau, und dieses ertheilte ihm die Vollmacht, das Nöthige zur 
Nevindicirung der Pfarre nach seiner Einsicht vorzukehren. Mit 
dieser Vollmacht hatte der Abt freyes Spiel, und es handelte 
sich nun darum, den Pastor zu entfernen, und seinen Handen 
die Kirchenschlüssel zu entwinden. Dazu ersah er sich seinen 
Hofrichter, einen gewandten und verschmitzten Mann, der in 
solchen di-aetleen über die Massen erfahren war. Dieser be 
gab sich zu dem Ende nach Kaumberg, und ladet unter einem 
Vorwände den Pastor zu sich ins Wirthshaus; da sitzen sie 
nun, trinken, schmausen und plaudern so lang, bis der Abt 
mit einem Geleite von Geistlichen heranfahrt, den Pastor un 
ter genaue Aufsicht stellt, und von ihm die Kirchenschlüssel be 
gehrt. Diese hielt aber der Meßner, ein Tochtermann des 
Pastors, in Verwahrung, und wollte eben damit, und Mit der 
Kunde des Vorfalls nach Chreusbach zu dem Pfleger eilen. Aber 
der Hofrichter bemerkte es noch zur Zeit, ertappte ihn unverse 
hens bey der Kappen, und sprach zu ihm mit furiosen Worten: 
Leichtfertiger Vogel, gib den Schlüßel her, oder, da zog er 
von Leder, ich leg dir den Kopf zwischen die Füsse. Der arme 
Tropf bath um seinen Kopf, und gab den Schlüßel heraus. 
Hierauf erhob sich der Abt mit seinem geistlichen Gefolge zur 
Kirche, benedicirte und reconciliirte sie feyerlich, bestimmte ei 
nen Pfarrer, der an Sonn- und Feyertagen den Gottesdienst 
da verrichten sollte, ließ sie sofort sperren, steckte den Schlüssel 
zu sich, packte den sich sträubenden Pastor unter dem Zulauf 
und unter den bittersten Schmähungen und Verwünschungen der 
ganzen Volksmenge auf, und fuhr mit ihm unter der 8aufgaräi 
des Hofrichters davon. Den Kaumbergern war der Verlust ihres 
Pastors zu schmerzlich, um ihn gelassen ertragen zu können; sie 
machten einen Anschlag, ihn aus seiner Haft zu befreyen. Eben 
durchziehendes Kriegsvolk diente ihnen zum Vorwand, den 11. 
November 1622 nach Mzell zu gehen, und sich deßhalb dort bey 
der Herrschaft anzufragen. An der Spitze der Abgesandten stand 
der Richter und der Jörgerische Pfleger von Chreusbach. Sie 
nahmen ihre Zeit so, daß sie gerade um die Mittagsstunde in 
Mzell anlangen, und mithin voraus setzen konnten, zur Tafel
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.