Volltext: Historische und topographische Darstellung von Lilienfeld und seiner Umgegend [6] (6 = [Abth. 1] ; [Bd. 6] : Diöcese von Sanct Pölten ; Bd. 1 ; / 1825)

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Aber nun mag Ortilo den Faden der Erzählung aufnehmen 
und in seiner treuherzigen schmucklosen Weise fortfahren. » An 
» der Schwelle der Kirche empfingen wir den letzten Friedens- 
»kuß unsrer Brüder, nahmen scheidend unsern Wanderstab, 
»und traten unter Vortragung des Kreuzes die Pilgerfahrt 
1206. »an. Abends desselben Tages, es war der 6. September, 
»langten wir in Kaumberg an, wo wir bis zur Stunde der 
»Vigilie ausruhten. Nach abgesungenem Vigil-und Matu- 
»tin-Chore setzten wir unsern Wanderstab weiter, und erreich 
ten am andern Tage Lilienfeld. Da waren schon vor uns 
»eingetroffen der Herzog Leopold, Popo, Bischof von Paffau, 
»Abt Marquard, und viele vom Cterus und Adel. Der Her- 
»zog ward unser nicht sobald ansichtig, als er auf uns zu- 
»ging, und uns huldvoll begrüßte. O wie so wohl that uns 
»seiner Rede freundlicher Ton! wir stürzten auf ihn los, seine 
»Hände mit Küssen zu decken, und vergaßen aller Müdigkeit 
»in dem Anschaun des mild lächelnden Herrn. Er führte uns 
»alsbald dem Bischöfe vor, der uns mit allen Zeichen des Wohl 
wollens seinen Segen gab. Jetzt aber geleiteten uns Beyde in 
»das Oratorium. Da niedergeworfen vor dem Altare der selig- 
»sten Jungfrau, betheten wir erstlich leise, dann erhoben wir 
»uns, und sangen aus voller Brust: Großer Gott, wir loben 
»dich! Aus dem Oratorium gings in das Schlafhaus, dessen 
»Säulenhallen wir als den Ort unsers künftigen Bleibens mit 
»Freudigkeit betrachteten, und von da Ln das Refectorium, 
»denn wir alle waren noch nüchtern wegen des Tags darauf 
»einfallenden Festes der Geburt Mariä. Während wir so da 
»saßen, und uns an dem ersten Mahle aus dem reichen Groß- 
»muthschatze des frömmsten Fürsten labten; unterließ dieser 
»nicht mit dem Bischof uns, zu unserer neuen Bestimmung, 
»durch aufmunternde Reden zu kräftigen. Die Mitternachts- 
»stunde rief uns zur Vigilie; da waren wieder der Herzog 
»und der Bischof in unsrer Mitte, und mischten ihre Stim- 
»men in den vereinten Chorgesang. Nach dem feyerlichen Got 
tesdienste erneueten wir unsre Profession; der Herzog las nut 
»lauter Stimme und freudiger Herzensbewegung die Schen- 
»kungsurkunde, und legte sie als ein Opfer auf den Altar nie-
	        
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