Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

252 Frankreich während des ersten Kriegshalbjahres 
japanische Marine. Dieser Krieg ist der größte der Geschichte, nicht deshalb, weil die 
Völker aufeinanderstoßen, um Gebiete zu erobern, oder für die Bereicherung ihres 
materiellen Lebens zu sorgen, sondern weil sie aufeinanderstoßen, um das Geschick der 
Welt zu regeln. Nichts Größeres hat sich jemals den Augen der Menschheit dargeboten. 
Gegen die Barbarei des Despotismus, gegen das System der Herausforderungen und 
methodischen Drohungen, die Deutschland Frieden nannte, gegen das System der Morde 
und Kollektivplünderungen, die Deutschland Krieg nennt, gegen die unverschämte Vor 
herrschaft der Kriegerkaste, die das Unheil entfesselte, hat sich Frankreich mit seinen Ver 
bündeten in einem einzigen Elan erhoben. Das ist der Einsatz, der über unser Leben 
geht. Seien wir deshalb fortgesetzt einmütig; morgen, nach der Erlangung des Friedens 
und Sieges werden wir uns mit Stolz dieser tragischen Tage erinnern, denn sie werden 
uns kräftiger und besser gemacht haben." 
Ministerpräsident Viviani wurde bei der Verlesung der Regierungserklärung von 
den Deputierten, die stehend zuhörten, fortwährend durch Beifallsrufe unterbrochen. 
Als er von den Sympathiebezeugungen des Auslandes und dem Willen Frank 
reichs, das heldenmütige Belgien wiederherzustellen und den preußischen Militarismus 
zu zerbrechen, sprach, übertönten die Beifallsrufe und die Rufe „Es lebe Belgien!" die 
Stimme Vivianis, so daß er seine Rede unterbrechen mußte. Am Schluß der Rede erhob 
sich ein Beifallssturm. Nachdem sodann die bereits angekündigten Vorlagen von der 
Regierung eingebracht worden waren, vertagte sich die Kammer. 
Im Senat hatten auf der Ministerbank Briand, Delcasse, Doumergue, Bienvenu, 
. Martin und David Platz genommen. Der Senatspräsident D u b o st eröffnete die Sitzung 
mit einer Ehrung für das Andenken der verstorbenen Senatoren, insbesondere des 
Senators Rehmond, der bei einem Erkundungsflug in der Nähe von Toul vor dem 
Feinde fiel. Er drückte sodann namens des Senats die Bewunderung für die Armee, 
ihre Führer und das Land aus und erntete besonderen Beifall, als er von „diesem 
System von organisiertem Mord und Plünderung, das die Deutschen Krieg nennen", 
sprach. Briand verlas darauf die Regierungserklärung. Als er schloß, er 
hoben sich alle Mitglieder und applaudierten, nur Clemenceau blieb auf seinem Platz sitzen. 
Die zweite Sitzung der Kammer fand am Nachmittag des 23. Dezember 
1914 statt. Da sich nur wenig Zuhörer und Abgeordnete eingefunden hatten, war der 
Eindruck nüchterner als am vergangenen Tage. Der Präsident D e s ch a n e l brachte 
sofort die Vorlage betreffend die sechs provisorischen Budget- 
Zwölftel für 1915 zur Debatte, wonach die Kriegsausgaben, die sich von Anfang 
August bis zum Jahresende 1914 ungefähr auf 6640 Millionen Franken belaufen und 
für die sechs ersten Monate des Jahres 1915 auf 8825 Millionen Franken veranschlagt 
sind, auf das außerordentliche Budget übernommen werden sollen. 
Im Namen der Budgetkommission gab deren Vorsitzender, der frühere Minister 
Elemente!, eine Erklärung ab, die mit starkem Beifall ausgenommen wurde. Es heißt 
darin: „Die aufmerksame Prüfung unserer Finanzen und unseres Kriegsmaterials hat 
auf alle Mitglieder der Kommission den erfieulichsten Eindruck gemacht. Ich kann 
Ihnen mit einem Wort die Versicherung geben, daß ein großartiges Werk, ein wahres 
Wunder von französischer Energie unter dem Feuer des Feindes vollbracht worden ist. 
Das ist zusammen mit dem Heldenmut unserer Soldaten ein Unterpfand für den Sieg, 
der um so näher ist, als unsere Verbündeten — wie wir bestimmt wissen — bestrebt sind, 
die wirksame Absperrung Deutschlands und Oesterreich-Ungarns durchzuführen und so 
deren unabwendbare Niederlage herbeizuführen. Die Budgetkommission hat die ver 
langten Kredite einstimmig bewilligt, und wir sind sicher, daß die Kammer sie ebenfalls 
einstimmig annehmen wird, um durch diese Einmütigkeit, die unsere Gegner fürchten
	        
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