Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

218 Die Kämpfe an der Westfront bis Mitte Januar 1915 
hatte er sich mit starkem Feinde messen können, wie wohl sein Lebenswunsch gewesen 
war; halbtierische Völker Afrikas hatte der Gegner geschickt, als er sich stellen sollte, 
Asien hatte er aufgepeitscht, und das tausendjährige Europa verraten. 
Ich wußte plötzlich, woher das Furchtbare kam, das über all unsern Gedanken lag. 
Es war, als sei seine verstörte Seele um uns mit all ihrem Entsetzen vor dem dunkeln 
Verrat an Europa." 
Verletzungen des Völkerrechts 
Auch in diesem Zeitabschnitt sind Völkerrechtsverletzungen durch die 
Gegner Deutschlands begangen worden. Hier nur einige charakteristische Fülle: 
1. Der Generalstabsarzt und Chef des Feldsanitätswesens v. Schjerning hat 
folgende Meldung erstattet: In Orchies wurde ein Lazarett von Franctireurs 
überfallen. Bei der kurz darauf, am 24. September 1914, gegen Orchies unter 
nommenen Strafexpedition durch das Landwehrbataillon 85 stieß dieses auf überlegene 
feindliche Truppen aller Gattungen und mußte unter Verlusten von Toten und 
36 Verwundeten zurück. Ein am nächsten Tag ausgesandtes bayrisches Pionierbataillon 
stieß aus keinen Feind und fand Orchies von den Einwohnern verlassen. Im Orte wur 
den 20, bei dem Gefecht am vorhergehenden Tage verwundete Deutsche grauenhaft ver 
stümmelt aufgefunden. Ohren und Nasen waren ihnen abgeschnitten und man hatte sie 
durch Einführen von Sägemehl in den Mund und die Nase erstickt. Die Richtigkeit des 
darüber aufgenommenen Befundes wurde von zwei französischen Geistlichen bestätigt. 
Orchies wurde dem Erdboden gleichgemacht." 
2. Die „Deutsche Tageszeitung" erfährt von einer hochstehenden Persönlichkeit: „Es 
war zu Beginn der Kämpfe um den Abschnitt von Reims, wobei das 7. deutsche 
Korps Franzosen und Engländern gegenüberstand. Da kam eines Morgens ein Par 
lamentär im Auftrag des englischen Oberkommandierenden mit der Bitte, die Deutschen 
möchten einen gewissen Hügel bei Reims nicht unter Feuer nehmen, da die Engländer 
dort ein Feldlazarett errichtet hätten. Richtig war auch inzwischen auf einem Gebäude, 
das auf dem Hügel stand, die bekannte weiße Flagge mit dem roten Kreuz aufgezogen 
worden. Daher erklärte sich die Oberleitung des 7. deutschen Korps bereit, den be 
treffenden Hügel nicht zu beschießen. Im Laufe des Tages entwickelte sich dann 
ein heftiges Gefecht, wobei es für die Deutschen darauf ankam, den Feind aus einer 
wichtigen Stellung zu vertreiben. Aber trotz aller Anstrengungen kamen die Deutschen 
nicht weiter, sie hatten namentlich unter dem vernichtenden Feuer feindlicher Geschütze 
zu leiden, deren Standort nicht zu ermitteln war, obschon die Deutschen den größten 
Teil der übrigen feindlichen Batterien bereits zum Schweigen gebracht hatten. Da er 
stattete dem deutschen Oberkommandierenden ein Adjutant die Meldung, daß das ver 
nichtende Feuer von Geschützen herkommen müsse, die hinter dem betreffenden Lazarett 
aufgestellt seien. Er bat gleichzeitig um die Erlaubnis, das Lazarett beschießen zu dürfen. 
„Nein," lautete die Antwort, „das können Sie nicht. Sie sehen doch, daß dort die weiße 
Flagge weht, und die müssen wir respektieren!" Allein das schwere Feuer hielt an, die 
Deutschen erlitten dadurch schwere Verluste, bis sie sich endlich durch einen Sturm 
angriff auf den Hügel Luft machten, wo das Lazarett stand. Was entdeckte man dort? 
In dem englischen Lazarett lag nicht ein einziger Verwundeter, dagegen hatte der 
Barackenbau als Deckung für eine englische Batterie gedient, die hinter dem englischen 
Lazarett aufgestellt war und deren Feuer den Deutschen so schweren Schaden zufügte!" 
3. Eidliche Aussage eines deutschen Offiziers: „BeiErvilliers befand ich mich als 
Führer einer Patrouille im Aufklärungsdienst. Da sah ich plötzlich zwei Autos in 
schnellster Fahrt auf unsere Stellungen zufahren. Die Wagen waren mit dem Roten
	        
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