Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

216 Die Kämpfe an der Westfront bis Mitte Januar 1915 
ihnen auch mitgeteilt, daß sie sich nur auf Befehl ihrer englischen Offiziere ergeben 
dürften, sowie daß die Deutschen jeden gefangenen Inder in der schrecklichsten Weise 
vom Leben zum Tod beförderten. Hieraus erklärt sich die verhältnismäßig geringe An 
zahl gefangener Inder, da diese, nachdem die englischen Offiziere gefallen waren, ein 
fach bis zur Vernichtung weiterkämpften." 
So wild der Inder im Kampf ist, so ritterlich und edelmütig zeigt 
er sich gelegentlich wehrlosen Verwundeten gegenüber. Davon erzählt ein Feldpostbrief: 
„In den letzten verlustreichen Kämpfen bei Messines standen wir auch indischen 
Truppen gegenüber. Als ihre Eigenart haben wir außer zähester Tapferkeit eine unsere 
sämtlichen europäischen Gegner beschämende Ritterlichkeit schätzen gelernt. Als Beispiel 
möchte ich nur folgendes anführen: Unsere Verwundeten wurden in den Schützengräben, 
die das Regiment vorübergehend bis zum Eintreffen von Verstärkungen hat räumen 
müssen, verbunden, verpflegt und sorgsam vor die Gräben gelegt; auf die abholenden 
Krankenträger wurde nicht geschossen. In einem Schützengraben fanden sich drei schwer 
verwundete Deutsche und ein leichtverwundeter Indier zusammen. Der Indier hat 
unsere Kameraden zwei Tage lang verpflegt, ihnen kriechend Wasser geholt und alles 
mit ihnen geteilt. Das sind nicht Taten einzelner, sondern die Erfahrungen vieler." 
Die Verkündigung des Heiligen Kriegs, über die an anderer Stelle ausführlich 
zu sprechen ist, haben die Engländer natürlich mit allen Mitteln vor den Indern zu 
verheimlichen gesucht. Deutsche Flieger haben durch herabgeworfene Flugblätter dafür 
gesorgt, daß die Kunde davon da und dort doch zu ihnen drang. An solchen 
Stellen fanden sich dann unerwartet zahlreiche indische Ueberläufer ein. In einem Brief 
eines Artillerieoffiziers heißt es: „Oft kam aus den Schützengräben die Anfrage, was 
mit den übergelaufenen Indern gemacht werden solle, es wäre unheimlich: sie lägen 
neben unseren Soldaten und schössen auf ihre Engländer. Ich wollte es erst gar nicht 
glauben. Aber bei der Armee nördlich von uns ist das auch vorgekommen." 
Viel niedriger als die Inder stehen die meisten HilfsVölker der Franzosen. 
Aber nicht etwa militärisch. Die Senegalneger z. B. sind ganz ausgezeichnete Schützen 
und haben sich auch sonst sehr tapfer geschlagen. So wehrten sich bei den Kämpfen um 
Bailleul mehrere Kompagnien Senegalschützen noch ganz verzweifelt, als bereits die 
Deutschen an allen anderen Punkten über den Ort hinaus waren und es mußte erst 
Artillerie vorgezogen werden, um die sich so schneidig verteidigenden Schwarzen zu 
sammenzuschießen. Die algerischen Truppen, Turkos und Marokkaner, scheint man nach 
Proklamation des Heiligen Krieges nicht mehr in größeren Verbänden zu verwenden, 
sondern schiebt sie, ebenso wie es auch die Engländer mit den Indern machen, in 
kleinen Formationen in die Kampflinien ein. Ueber die Kampftüchtigkeit dieser Regi 
menter liegen keine abschließenden Urteile vor. 
Während die Hindus, die mit vorzüglicher warmer Kleidung ausgerüstet sind, die 
Kälte verhältnismäßig gut ertrugen, sind die französischen Kolonialtruppen massenhaft 
den Unbilden des ungewohnten Klimas erlegen. Die Senegalschützen mußten schließ 
lich schleunigst zurücktransportiert werden. 
Ueber die bestialische Art, wie diese Völker unter den Augen französischer und 
englischer Offiziere morden, sind zahlreiche Zeugnisse vorhanden. Ein spanischer Kriegs 
korrespondent erzählt nach der „Frankfurter Zeitung": „Auf dem Rückweg nach Paris 
sah ich auf einer Station einen Zug von mehr als vierzig Wagen stehen, der ver 
wundete Turkos und Senegalesen führte, und an den Wänden der Wagen waren Ohren 
und Hände von gefallenen Feinden angenagelt!" In dem Tagebuch eines ge 
fallenen französischen Offiziers findet sich, wie die „Norddeutsche Allgemeine 
Zeitung" berichtet, folgende Eintragung: „Wir reihen in unsere Kompagnie einige
	        
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