Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

Vom deutschen Heer 
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Kaum ist an der Tafel das Obst gereicht, da heißt es: „Sie kommen!" 
Die Straße hat sich schon zu beiden Seiten mit langen und dichten Reihen der Feld 
grauen gefüllt. Durch diese Soldatengasse bewegt sich ein Zug von seltsam aussehenden 
Gestalten einher. Franzosen? Wo ist denn die berühmte rote Sache, die man die Hose 
von Frankreich nennt? Davon ist nichts zu sehen. Ein bißchen Blau steht man, ein 
dunkles Blau, alles andere an btefett Kommenden ist schmutzgelb. So tappen und 
taumeln sie durch die Gasse her . . . 
Während die Gefangenen am Kaiser und der Gruppe seiner Offiziere vorüberkommen, 
reden wunderlich verschiedene Dinge aus diesen französischen Augen: Gleichgültigkeit 
und Neugier, Hohn oder Haß. Aber es sind doch auch manche dabei, in denen der 
Zorn und die Pein der Stunde nicht völlig die Züge soldatischer Ritterlichkeit ersticken 
kann. Ob sie den Kaiser und den Kronprinzen erkennen? oder ob sie nur glauben: das 
sind Generäle? Sie salutieren oder ziehen das Käppi herunter und der Kaiser dankt. 
Die letzten verschwinden, und eine Gruppe von deutschen Lanzenreitern klirrt hinter 
ihnen her. 
Das Bild, das ich gesehen, beschäftigt mich noch lange, während die Fahrt im Auto 
gegen Süden geht. Der Kronprinz begleitet seinen kaiserlichen Vater eine Strecke Weges, 
will ihm eine Stelle mit weiter Fernsicht gegen die Argonnen zeigen. Das Gespräch 
der beiden, das sich immer um Dinge des Krieges dreht, ist ernst, aber die Stimmen 
bleiben durchhaucht von einer warmen Herzlichkeit." 
Auf der Rückfahrt wird an einem Hügel Halt gemacht, den der Kaiser besteigt. Der 
Abstieg gestaltet sich etwas schwierig. „Beim Niederstieg," schreibt Ganghoser, „erweist 
sich der glitschige Boden noch feindseliger. Ich frage den Kaiser, ob ich ihn stützen darf. 
,Ja! Kommen Sie her!' Er saßt mich an der Schulter. So geht es langsam hinunter 
und ich haue bei jedem Schritt den Stiefelhacken ein, wie bei Glatteis auf einer Gems- 
birsche. Halb sind wir schon drunten. Da rutsche ich selber aus. Und der Kaiser mit 
seiner starken Faust hält mich aufrecht. Meinen etwas verlegenen Dank erwidert er 
mit dem lachenden Wort: ,Soldat und Bürger, die beiden müssen ein 
ander helfen, so gut sie können!'" 
Vom deutschen Heer 
Einige Urteile von Ausländern 
Im Laufe unserer Darstellung bot sich verschiedentlich Gelegenheit, die Bewunderung 
neutraler und selbst feindlicher Ausländer für unsere heldenmütige Armee, ihre straffe 
Disziplin und ihre vorzügliche Organisation kennen zu lernen (vgl, II, S. 108—109, 
110, 113, 115, 149, 198; III, S. 91—92, 95, 121). Hier seien noch einige Zeugnisse 
dieser Art nachgetragen. 
Ein amerikanischer Korrespondent, der dem Einzug deutscher Truppen in eine 
große Stadt beigewohnt hat, schreibt: „Es waren nicht Menschen, die durch die Straßen 
zogen, sondern es wirkte wie eine Naturgewalt, eine Flutwelle, eine Lawine. Beim Anblick 
der ersten Regimenter waren wir ganz gespannt. Nach drei Stunden, als ununter 
brochen eine stahlgraue Heeressäule vorbeigezogen war, waren wir ermüdet, aber als 
Stunde auf Stunde verrann, und es kein Halt, keine Atempause gab, als keine Lücken 
zwischen den Reihen zu sehen waren, wurde die Sache unheimlich, übermenschlich. 
Fasziniert wandte man sich dem Vorbeimarsch wieder zu. Es war wie der Nebel über 
der See. Die grauen Uniformen, die Offiziere und Mannschaften tragen, erhöhten 
den Eindruck des Geheimnisvollen. Nur das schärfste Auge konnte unter den Tausenden, 
die vorbeimarschierten, den geringsten Unterschied entdecken. Alles bewegte sich unter
	        
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