Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

170 Die Kämpfe an der Westfront bis Mitte Januar 1915 
zösische, bürgerlich gekleidete Soldaten entdeckt worden, die durch eine unterirdische Fern 
sprechleitung mit dem französischen Truppenkommando verbunden waren. Sie trugen 
ihre Erkennungsmarken, einzelne sogar Uniformftücke unter dem Bürgerrocke. Sie wurden 
an der Friedhofsmauer erschossen. Die Franzosen bedienen sich ferner häufig der Flieger, 
um die deutschen Stellungen zu erkunden. Hat der Flieger eine Artilleriestellung be 
obachtet, so wirst er eine Bombe hinunter, worauf die französische Artillerie sofort ein 
lebhaftes Feuer gegen die dadurch bezeichnete Stellung eröffnet. Die Deutschen suchen 
dieses Verfahren durch häufigen Stellungswechsel zu parieren. Daß aber Auskundschaf 
tung durch Spione und Flieger die taktische Nahaufklärung durch Patrouillen vor dem 
Angriff auf eine befestigte Stellung nicht ersetzen, namentlich wenn die Angriffstruppe 
eben frisch auf dem Gefechtsfelde ankommt und mit dem Gelände nicht vertraut ist, 
mußten die Franzosen zu ihrem Schaden erfahren. Sie bezahlten die Mißachtung dieses 
elementaren Grundsatzes mit Strömen Blutes. Man muß annehmen, daß die Führer 
dieser Truppe der nötigen taktischen Ausbildung entbehrten. 
Sei dem, wie ihm wolle, die Franzosen marschierten in parallelen Marschkolonnen 
bis auf etwa 400 Meter Entfernung an die deutschen Stellungen heran und begannen 
dann auszuschwärmen. Die Deutschen lagen in ihren Deckungen, die Geschütze und 
Maschinengewehre in die Feuerlinie der Infanterie, in die vorbereiteten Geschützstände 
vorgezogen, alles schußbereit. Kein Schuß fiel. Die Franzosen liefen förmlich in das 
deutsche Feuer hinein. Man ließ sie auf 200, auf 100, an einzelnen Stellen bis auf 
50 Meter herankommen. Dann begann mit einem Male aus der ganzen Linie ein 
höllisches, mörderisches Feuer, das die französischen Schützenlinien, Unterstützungen und 
Reserven im wörtlichen Sinne hinmähte. Die deutschen Feldgeschütze sprühten ihnen 
ihre Schrapnells entgegen, die Maschinengewehre ließen ihr vernichtendes, ratterndes 
Strichfeuer spielen, und die Infanterie gab Schnellfeuer ab. Die Wirkung dieses Feuer 
überfalles war fürchterlich. In Haufen lagen die Leichen nachher übereinander, drei, 
vier Mann hoch an einzelnen Stellen. Die Schützenlinie wurde sozusagen bis auf den 
letzten Mann vernichtet, was an Reserven noch vorgebracht werden konnte, brach eben 
falls unter dem wohlgezielten, ruhig abgegebenen Feuer der Deutschen zusammen. Der 
Angriff war blutig abgewiesen. Erst als die Ueberbleibsel der Reserven zurückfluteten, 
konnte die französische Artillerie in Tätigkeit treten, während sie vorher teils durch den 
Nebel und die Dunkelheit der Morgendämmerung, teils durch die eigene, in der Ge- 
sechtslinie stehende Infanterie verhindert war, zu wirken. 
Die Verluste der Franzosen werden deutscherseits als sehr beträchtlich eingeschätzt. 
Zwei ganze Regimenter sollen vollständig vernichtet worden sein. Die deutschen Verluste 
sind gering und kommen ausschließlich aus Rechnung der französischen Artillerie, die nach 
dem abgeschlagenen Jnfanterieangriff ein wohlgezieltes und sehr heftiges Feuer auf die 
deutschen Stellungen eröffnete und den ganzen Tag über, teilweise auch noch an den 
folgenden Tagen, unterhielt." 
Das Artillerieseuer, mit dem die Franzosen die deutschen Linien in der nächsten Zeit 
überschütteten, wurde von den Deutschen kräftig erwidert. Zu weiteren französischen 
Jnfantcrieangriffen kam es zunächst nicht. Seit dem 11. Dezember steigerte sich jedoch 
die Heftigkeit des französischen Artilleriefeuers in auffallendem Maße. Hierüber berichtet 
Müller weiter: „Schwere Artillerie wurde in Tätigkeit gesetzt und überschüttete, gemein 
sam mit den leichteren Feldgeschützen, den ganzen von den Deutschen besetzten Abschnitt 
nördlich von Flirey während mehr als 24 Stunden mit einem wütenden Granat- und 
Schrapnellhagel, der bis nach dem Bahnhof von Thiaucourt reichte. Bei Waville zweigt 
eine kurze Sackbahn nach Thiaucourt ab. Ein mit Nachschub beladener Güterzug dieser 
Nebenbahn geriet bei seiner Einfahrt in Thiaucourt unter Granatfeuer.
	        
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