Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

158 Die Kämpfe an der Westfront bis Mitte Januar 1915 
hinzu, fo ergibt sich sranzösischerseits ein Gesamtverlust in den Argonnen 
von etwa 36000 Mann. Ein ganzes Armeekorps ist also so gut wie aufgerieben, 
während die Verluste auf deutscher Seite nicht einmal den dritten Teil betragen. 
Wie sehr die Franzosen in den Waldkämpfen gelitten haben, geht allein schon aus 
der Tatsache hervor, daß sie immer neue Verbände in die Argonnen geschickt haben. 
Kämpften dort zuerst die Truppen des 2. und 5. Armeekorps, so wurden diese bald 
verstärkt durch Kolonialtruppen und Marineinfanterie. Im Januar tauchten vorüber 
gehend Truppen des 1. Armeekorps und Garibaldianer auf; endlich wurden Mitte 
Januar neue, bisher bei Ipern verwendete Verbände in den Wald geschickt, um das 
anscheinend völlig zusammengebrochene 2. Armeekorps abzulösen. 
Wie es mit der Verfassung der französischen Truppen in den Argonnen 
bestellt ist, das zeigen am besten jene Dokumente, die den französischen Gefangenen 
in Gestalt von Anordnungen, Befehlen, geheimen Erlassen, Briefen und Tagebuchauf 
zeichnungen abgenommen wurden. 
Da erwidert General Gourand, Kommandeur der 10. Division, in einem Zusatz zu 
dem Tagesbefehl vom 23. Dezember 1914 die Klagen seiner Untergebenen mit den Worten: 
„Sie werden daraus entnehmen, daß sich der Gegner bei der Wegnahme einer Stellung 
mit den gleichen Schwierigkeiten abzufinden hat wie wir. Das gibt zu denken, denn 
man denkt oft wegen der eigenen Schwierigkeiten, Anstrengungen und Verluste nicht an 
diejenigen, die auch der Gegner hat." 
Die Schwierigkeiten erweisen sich aber auf französischer Seite als recht erhebliche, sonst 
würden die höheren Führer nicht so oft über die Untätigkeit und Passivität der ihnen 
unterstellten Truppen Beschwerde führen. So enthält ein Mitte Dezember abgenom 
menes Befehlstagebuch folgende Weisungen: „Es ist von der größten Wichtigkeit, auf 
der ganzen Front die Tätigkeit zu erhöhen. Die bisherige ist nach Ansicht der Divisions 
generale unzulänglich ... Es muß eine größere Angriffstütigkeit entfaltet werden. 
Wenn es weiter geht wie bisher, werden die Deutschen uns zuvorkommen." 
Eine geheime persönliche Anweisung des konunandierenden Generals des 2. Armee 
korps enthält folgende Sätze: „Der kommandierende General stellt mit Bedauern fest, 
daß die Gefechtstätigkeit sich ausschließlich auf starre Verteidigung beschränkt, während 
die Deutschen bei gleichen Verlusten wie die Franzosen immer erneut angreifen und 
durch Teilerfolge angefeuert werden . . . Man hat sich an Untätigkeit gewöhnt und 
wartet rein passiv auf den feindlichen Angriff. Der Mann übernimmt seinen Wachtposten 
im Schützengraben wie im Frieden vor einem Pulvermagazin oder Proviantamt . . . 
Die Führer bleiben in ihren Gefechtsständen sitzen; sie führen die Posten viel zu selten 
auf und geben ihnen keine bestimmten Aufträge. Alle Führer bringen ihre Zeit in 
vorderer Linie in Langeweile oder Angst zu... Es ist unbedingt notwendig, daß dies 
anders wird . . . Alle Abschnittskommandeure, die Bataillons- und Kompagnieführer 
müssen jeden Tag in den vordersten Schützengräben ihre Leute aufsuchen . . . Alle 
Truppenkommandeure haben ihre Untergebenen mit Angriffsgeist zu erfüllen." Zum 
Schluß heißt es: „Der kommandierende General will merken, daß die Franzosen den 
Deutschen das Gesetz vorschreiben. Wenn sie fühlen, daß wir ihnen überlegen sind, dann 
werden die Deutschen weicher, und die bisherige schwere Arbeit wird leichter werden." 
Wie erwähnt, mußte inzwischen das 2. französische Armeekorps aus den Argonnen zu 
rückgenommen werden. 
Dem Brigadegeneral Gossart (5. französisches Armeekorps) fällt es aus — Befehl 
vom 30. November 1914 —, „daß der Dienst in den Schützengräben in bezug aus deren 
Einrichtung und aus Feuerdisziplin viel zu wünschen übrig läßt." General Fouborge 
<3. Division) „kennt genau die schwierige Lage, in der sich die Truppen befinden, zweifelt
	        
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