Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

154 Die Kämpfe an der Westfront bis Mitte Januar 1915 
Kamin wandert. Nur einzelne Eichen und Buchen läßt der Franzose stehen und sich 
zu vollem Wachstum entfalten. Um diese Stämme schlingen sich die im französischen 
Walde so zahlreichen Kletterpflanzen wie der Efeu und die Waldrebe. Ersterer bedeckt 
große Flächen des Waldbodens, und diesem entwachsen in den Argonnen auch besonders 
schön und zahlreich ein kleiner immergrüner Strauch, die sogenannte Stechpalme, und 
der Besenginster. Der Wald ist wenig bewohnt. Nur Köhler, Holzhauer und Jäger 
gehen dort ihrer Beschäftigung nach. Das Innere des Waldes wird, schon seiner Un 
durchdringlichkeit wegen, von der Bevölkerung gemieden. Auch die Namen „misseau 
äs Neurissoim“, „In Fille inorte“, „Moulin de l’Homme mort“ weisen daraus hin. 
So sieht der Wald aus, der seit nunmehr vier Monaten Tag und Nacht widerhallt 
vom Lärm der Waffen und der durch die Erdarbeiten der Soldaten und die Ver 
wüstungen der Feuerwaffen ein ganz neues Gepräge erhalten hat. 
Als Ende September die ersten deutschen Truppen aus dem Airetal in westlicher 
Richtung in die Argonnen vorgeschoben wurden, hatten die Franzosen, nachdem sie aus 
den östlichen Waldteilen zurückgeworfen worden waren, den südlich Binarville gelegenen 
Waldteil stark besetzt und namhafte Kräfte aus dem Tale der Biesme nach Barricade 
Pavillon, St. Hubert Pavillon und Bagatelle Pavillon vorgesandt. Die Truppen 
legten bei den dortigen Waldhütten Verhaue und Schützengräben an und richteten sich 
darin zur Verteidigung ein. Vor diesen Sperren fanden die deutschen Jägerabtei 
lungen Ende September ernsthaften Widerstand, so daß Verstärkungen in den Wald 
geschickt wurden, um den Feind zurückzuwerfen. Da aber auch dieser weitere Truppen 
dem Walde zuführte, so entspannen sich hier lebhafte Kämpfe, die auf beiden Seiten 
mehr und mehr den Charakter eines Stellungskrieges annahmen. Mitten im Walde 
entstand Schützengraben hinter Schützengraben, die durch Laufgräben untereinander ver 
bunden wurden. Es wurden Unterstände gebaut, und als das Laub fiel, auch Geschütze 
in den Wald gebracht. Neben der natürlichen Beschaffenheit des Waldes erschwerten 
Verhaue und Drahthindernisse dem Gegner die Annäherung an die künstlich geschaffenen 
Anlagen. Es begann nun ein Kampf von Graben gegen Graben, vielfach von Schritt 
zu Schritt. Um unnötige Verluste zu vermeiden, griff man zur Sappe. Mit ihr 
stellten sich auch die starken Kampfmittel des Festungskrieges, wie Minenwerfer, Hand 
granaten, Revolocrkanonen, Stahlblenden, Sandsackpackungen usw. ein, und die Tätig 
keit der Pioniere gewann eine erhöhte Bedeutung. Diese Waffe schritt dann auch zum 
Minenangriff, wenn andere Mittel nicht zum Ziele führten. Aus allem ergab sich ein 
sehr langsames Vorschreiten des Angriffs und ein ungewöhnlicher Zeitverbrauch, da nur 
sorgfältige, wohlüberlegte Vorbereitungen zum Erfolge führten. Zuerst hatte man keine 
Artillerie im Walde, dann ließ man sie auf Wegen und Schneisen vorkommen, endlich 
lernte man es, sie überall im Walde zu verwenden. Eine Sonderheit bildeten bei den 
Franzosen die sogenannten „Eselsbatterien" (Gebirgsgeschütze), eine Bespannungsart, die 
unseren Soldaten neu war. Die Bevölkerung leistete den Franzosen Vorschub; in 
deutsche Uniformen verkleidete Soldaten machten sich an unsere Leute heran und ver 
suchten diese auszuhorchen. Der deutsche Soldat und Argonnenkämpser entwickelte sich 
bald zu größter Vielseitigkeit. Schnell und gut paßte er sich den neuen Verhältnissen 
an. Da wir bald den Franzosen überlegene Angriffsmittel zur Anwendung brachten, 
und unsere Soldaten, was Zähigkeit, Beharrlichkeit und Angriffslust betrifft, unüber 
trefflich waren, so bildete sich im Waldkampfe ein starkes Ueberlegenheitsgefühl über 
den Feind heraus, der, abgesehen von gelegentlichen Gegenstößen, in die Defensive ge 
drängt wurde. Der Feind vermochte unseren Angriffen nicht zu widerstehen, so daß 
unsere Truppen in zwar langsamem, aber ununterbrochenem Vorrücken geblieben sind, 
trotz der starken Kräfte, die der Feind uns nach und nach entgegenstellte.
	        
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