Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

D i e Kämpfe im Zentrum der Schlachtfront 133 
Sicht an den hohen Parkmauern entlang und brach plötzlich aus dem vorderen Ausgang 
hervor. Hauptmann v. Alvensleben an der Spitze, stürmten wir mit Hurra den steilen 
Abhang hinauf und bekamen auch sofort heftiges Feuer. Der Eindruck muß auf die 
Franzosen ein so gewaltiger gewesen sein, daß sie sofort ihren ersten Schützengraben ver 
ließen und sich im nächst höheren postierten. Wir kletterten atemschnaubend, ohne uns 
um das heftige Feuer zu kehren, in den ersten französischen Schützengraben und er 
öffneten nun selbst das Feuer. Hier stießen wir auf massenhaft zurückgelassene fran 
zösische Munition, standen zwischen den Leichen gefallener Franzosen und machten die 
noch vorhandenen lebenden Franzosen zu Gefangenen. Erbärmlich verängstigte Gestal 
ten, die alles willig über sich ergehen ließen. Sie schienen furchtbar unter unserem 
Artilleriefeuer gelitten zu haben, denn was für gräßliche Verwundungen, bis auf die 
Bäume hinaufgespritzte Körperteile usw. ich hier sah, will ich Euch lieber verschweigen. 
Hier in dieser ersten Stellung hatten wir leider auch schwere Verluste, denn das feind 
liche Gewehr- und Maschinengewehrfeuer spritzte nur so in uns herein, außerdem rich 
teten Granaten und Schrapnells böse Verwüstungen in unsern Reihen an. Ich hätte nie 
geglaubt, daß ich noch lebend aus diesem Schlamassel herauskommen würde. Manchen 
lieben Kameraden sah ich neben mir fallen oder mit schrecklichen Verwundungen zurück 
in den Graben taumeln. Am schwersten aber traf uns alle die Nachricht, daß links vor 
uns Hauptmann v. Alvensleben in den vordersten Reihen gefallen sei. 
Den Befehl über das Halbbataillon übernahm mein Kompagniechef, ich selbst wurde 
mit der Führung der 10. Kompagnie beauftragt. Das Gefecht nahm nun immer leb 
hafteren Charakter an. Mit großer Tapferkeit wurde auf beiden Seiten gekämpft. Aber 
wie niederträchtig unsere Feinde sind, konnte ich dabei erneut sehen. In den verlassenen 
Schützengräben fanden unsere Leute massenhaft in Paketen und geöffnet ftanzösische 
Dumdumgeschosse herumliegen, ferner in Vailly dicht an den Barrikaden englische Dum 
dumpatronen, die teilweise maschinell, zum Teil roh mit der Hand abgefeilt waren. Ich 
habe natürlich die gefundene Munition bereits dem Generalkommando überwiesen. — 
Aus einem vor uns liegenden Schützengraben wurde plötzlich mit deutschen Helmen ge 
winkt, wir glaubten unsere Leute brauchten Verstärkung und sofort sprangen Gruppen 
von uns heran. Doch zu unserem Erstaunen bekamen diese plötzlich aus dem Graben 
Feuer. Es stellte sich später heraus, daß sich dort Franzosen mit deutschen Hel 
men versehen hatten. Ihre Gemeinheit haben sie bitter büßen müssen. Wie anders sind 
doch unsere Leute, die gefangenen Franzosen behandelten sie sofort wie Kameraden, 
gaben ihnen Zigaretten usw. — Während zuerst zwei Züge meiner Kompagnie in vor 
derster Linie im Feuer lagen, konnte in einem Hohlwege noch ein Zug gesammelt wer 
den, da von rechts und links unsere Truppen sich herandrückten, weil das Kesseltreiben 
immer enger wurde. Der noch in der Reserve befindliche Zug scharte sich freudig um 
seinen Führer und sang während des Gefechts „Deutschland, Deutschland über alles". 
Nie hat dieses einfache Lied eine größere Wirkung auf mich ausgeübt. 
Gegen Mittag begann der Widerstand der Franzosen zu erlahmen, und bald brachte 
mir eine Ordonnanz den Befehl, um 1 Uhr treten alle Kompagnien zum Sturm auf 
Vailly an. Unsere Artillerie hatte inzwischen ihr Feuer auf Vailly selbst verlegt und die 
Infanterie den Höhenrand um Vailly erreicht. Und nun ging es mit Hurra von allen 
Seiten los, überall tauchten die feldgrauen Jungens auf, buchstäblich über Leichen von 
Franzosen hinweg, stiegen wir in das Tal hinunter. Wie die Hasen trieben wir die 
Franzosen vor uns her und nicht achtend des Gewehrfeuers, das wir jetzt aus den vor 
deren Häuserreihen und gegenüberliegenden Höhen erhielten, drangen wir weiter vor. 
An der Spitze meiner Kompagnie stürmte ich nach dem Marktplatz vor. Unterwegs und 
beim Durchsuchen der Häuser fanden wir noch Hunderte von Franzosen versteckt, die sich
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.