Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

90 Die Kämpfe an der Westfront bis Mitte Januar 1915 
Nachdem die Deutschen die überschwemmten Zonen geräumt hatten, behaupteten sich 
einige Truppenabteilungen auf Erhöhungen und größeren Inseln, die aus dem Wasser 
emporragten; sie machten daraus vorgeschobene Stellungen, verschanzten sich und kämpften 
weiter, während hinter ihnen der Rückzug ungestört vor sich ging. Die Schlacht, die 
sozusagen in der Flut ertrunken war, entwickelte sich da und dort auf trocken geblie 
benen Punkten heftig und verzweifelt weiter, blieb aber im ganzen ergebnislos. 
Einige dieser Vorposten waren verloren; es gab kein Entkommen mehr, weder vor- 
noch rückwärts, aber sie schlugen sich noch immer unter einem Hagel belgischer und fran 
zösischer Granaten. Eingestürzte Häusermauern boten ihnen Unterschlupf, stunden- ja 
tagelang hielten sie sich dort geräuschlos versteckt; sparsam mit Munition und Lebens 
mitteln umgehend, standen sie dort Wache. Sobald belgische Patrouillen über den 
Dämmen sichtbar wurden und näherrücken wollten, krachten Gewehrsalven und ratterten 
Maschinengewehre von den ausgestorben geglaubten Inseln herüber. Die Kanonen ant 
worteten UNd die Insel verschwand iM Rauch. (Couriere della Sera.) 
Fortgang der Kämpfe bei Nieuport 
Zwischen Nieuport und dem Meer ist kein Ueberschwemmungsgebiet; die Brücken von 
Nieuport hatten also ihren Wert behalten und die Kämpfe dauerten hier oben an der 
Küste fort. Auf deutscher Seite stand hier Marine-Infanterie und -Artillerie im Gefecht. 
Am hartnäckigsten entspann sich der Kampf um Lombardzyde, das als Brücken 
kopf von Nieuport gelten kann. Luigi Barzini berichtet über die Kämpfe, die sich dort in 
den ersten Novembertagen abgespielt haben: „Es gibt Orte, wie Lombardzyde, die 
mehrfach verloren und zurückerobert worden sind. Nach der Ueberschwemmung 
wurde eine Division französischer Territorialsoldaten zur Unterstützung der Bel 
gier entsandt. Die Mer wurde von neuem überschritten, und eine belgische Division be 
setzte Lombardzyde. Hierauf konzentrierte die deutsche Artillerie ihr Feuer auf die Brücken 
in der Flanke der belgisch-französischen Truppen, um ihnen den Rückzug abzuschneiden. 
Zum zweiten Male mußten Lombardzyde und das rechte Ufer der Mer aufgegeben wer 
den." Bon Lombardzyde aus konnte die deutsche Artillerie die Uebergangsversuche der 
Infanterie decken. Aber plötzlich, um den 10. November, wurde auf deutscher Seite alles 
still. „Im Lager der Verbündeten," führt Barzini fort, „sprach man allgemein von 
einem Rückzug der Deutschen aus Ostende, von dem Aufgeben der belgischen Küste. Ein 
Telegramm aus London meldete den bevorstehenden belgischen Vormarsch. Angeblich 
standen die Verbündeten bereits vor Ostende... In Wahrheit lagen die Sachen ganz, 
ganz anders... Vielleicht war das Schweigen der Deutschen auf einen vorübergehenden 
Mangel an Munition zurückzuführen, vielleicht auch nur auf eine Kriegslist. Jedenfalls 
blieb die Beschießung seitens der Verbündeten ohne Antwort. Lombardzyde schien voll 
kommen verlassen zu sein. Es wurde beschlossen, den Ort zum dritten Mal zu besetzen. 
Tatsächlich war aber Lombardzyde nur am Tage verlassen, nachts dagegen wimmelte es 
darin von Truppen. Am Tage nahm die deutsche Infanterie fest verschanzte Stellungen 
unter dem Schutze der Fabriken der Umgegend ein, wo sie vor der Beschießung durch die 
englischen Schiffe und die schweren belgisch-französischen Geschütze gesichert war. Bei Ein 
bruch der Nacht besetzte sie wieder die Straße von Lombardzyde, die die Verbindung 
zwischen Nieuport und Ostende sperrte. Die belgische Division, die bereits zweimal Lom 
bardzyde besetzt hatte, stand in Coxyde und Oost-Dunkerken, nicht weit von Nieuport, in 
Reserve, als der Befehl zum Vormarsch eintraf. Unter den Soldaten galt es für aus 
gemacht, daß die Deutschen auf dem Rückzug waren, auch der Generalstab schien fest 
daran zu glauben. Die Offiziere verabschiedeten sich von ihren Kameraden und Freun 
den mit den Worten: „Auf Wiedersehen übermorgen in Ostende!" Der Augenblick schien
	        
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