Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

142 Die Entwicklung der Schlachtlinie im Westen bis zum Kanal 
Im Süden der Stadt hielt der Artilleriekampf noch bis ein Uhr nachts an, gegen 
Mitternacht erschien auf dem Stadthause eine weiße Flagge und die Einwohner wußten 
nicht, was das zu bedeuten hatte. Sie hofften schon, die Franzosen nähmen die Stadt 
wieder ein; aber die Franzosen erschienen nicht, sondern nur die Feuerwehren von 
Roubaix, Tourcoing und anderen Nachbarorten kamen zu Hilfe. Die deutschen Truppen 
beteiligten sich aufopfernd an den Löscharbeiten. Die Beschießung hatte schon um Mittag 
aufgehört; die ganze Bevölkerung war in den Straßen der Stadt. Man hörte aus der 
Ferne Gewehrfeuer bis um drei Uhr; wahrscheinlich handelte es sich um Kämpfe bei einem 
der Forts, das noch von den Franzosen gehalten wurde. Gegen Morgen verließen die 
Franzosen auch die Forts, und am 13. Oktober zogen die deutschen Truppen, voraus 
die Musik, in die Stadt ein; die Soldaten sangen ihre gewohnten Kriegslieder." 
Den ersten kühnenPatrouillenritt nachLille hinein leitete Rittmeister Fürst 
Karl Wrede. Seine Tat wurde durch folgenden Tagesbefehl der bayerischen Kavallerie 
division gewürdigt: „Rittmeister Fürst Wrede hat sich durch einen kühnen Patrouillen» 
ritt in die noch vom Gegner besetzte Festung Lille besonders ausgezeichnet. Er hat 
durch sein kühnes Vorgehen gegen die Festung, über deren Besatzung keine Klarheit 
herrschte, der Kavalleriedivision die Möglichkeit zum Vorgehen gegeben. Ich spreche ihm 
hiemit meine vollste Anerkennung aus. v. Stetten, Generalleutnant." Rittmeister Fürst 
Wrede erhielt das Eiserne Kreuz erster Klasse. 
Den nördlichsten Flügel der Schlachtfront bildeten auf beiden Seiten große Reiter» 
Massen. Denn durch Kavalleriegefechte ließ sich der Kampf besonders rasch vorwärts 
tragen; am 6. Oktober fanden Kämpfe westlich von Lille und Lens statt, am folgenden 
Tag dehnten sie sich schon bis dicht an die belgische Grenze bei Armentiöres und Cassel 
aus, am 11. Oktober war das für die Deutschen so erfolgreiche Gefecht bei Hazebrouk. 
Auf der übrigen Linie gingen die Operationen seit dem 10. Oktober immer mehr in 
das Stadium des Stellungskampfes über. Zwar wurden auf beiden Seiten immer 
wieder Vorstöße und Durchbruchsmanöver versucht, doch im ganzen ohne Erfolg. Große 
Truppenverschiebungen wurden zu solchem Zweck vorgenommen; so berichtet der Kor 
respondent der „Morning Post", er habe gesehen, wie 10000 Mann französischer Jn-- 
fanterie auf schnellen Motorwagen von einem Flügel nach dem andern gesandt wurden. 
Auf jedem Wagen befanden sich 50 Soldaten. „Das Schießen," fährt er fort, „wird 
Tag und Nacht auf der ganzen Linie fortgesetzt, aber nicht überall gleich heftig. 
Größtenteils scheinen sich die Parteien damit zu begnügen, den Feind an ihre Anwesen 
heit in ihren Stellungen zu erinnern. Sobald Jnfanteriebewegungen beobachtet werden,, 
treten die Geschütze in Tätigkeit. Besonders am Abend, wenn die Ablösungen in den 
Schützengräben stattfinden. An manchen Stellen liegen die feindlichen Schützengräben 
nur wenige hundert Meter von einander entfernt und jede Bewegung ist mit der größten 
Gefahr verbunden. Zu Zeiten sieht es aus, als ob man gegenseitig übereingekommen 
sei, eine Kampfpause zu machen. Man schläft, spielt Karten, musiziert und singt." 
Episoden vom französischen Kriegsschauplatz 
Der Kommandant von Les Ayvelles 
von Paul Sch weder 
Eine lange, schnurgerade Pappelallee, die das Fort Les Ayvelles bei Charleville-- 
Möziöres mit seiner Batterie verbindet. Unten tief im Tale die Maas und über alle 
dem ein sonniger Herbsthimmel. Wir wandern nachdenklich die Allee entlang, voll von 
den Eindrücken, die die Besichtigung auch dieses von den Unseren mit leichter Mühe
	        
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