Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

Maßnahmen der Regierung 
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16. Oktober. 
Die „Kölnische Zeitung" veröffentlicht eine halbamtliche Mitteilung, in der gegenüber 
einem Artikel des „Temps" vom 29. September, der behauptet, die deutsche Regierung 
habe Wilson, Präsident von Amerika, den Gedanken einer Vermittlung eingegeben, fest 
gestellt wird, daß die erwähnte Anregung Wilsons ihm in keiner Weise von deutscher 
Seite nahegelegt worden sei. Die deutsche Regierung, überzeugt von den guten Absichten 
des Präsidenten, habe ihm ihren Dank für seine Bemühungen ausgesprochen, aber 
darauf hingewiesen, daß England sich wiederholt dahin ausgesprochen habe, es werde 
den Krieg bis zum Aeußersten führen. Sie wolle im übrigen keinen Zweifel daran auf 
kommen lassen, daß das deutsche Volk, das solche Opfer gebracht hatte, nur einen 
Frieden annehmen kann, der ihm Bürgschaften für seine Sicherheit in der Zukunft 
bringt und es vor neuen Ueberfällen schützt. Die vom „Temps" angeführten deutschen 
Bedingungen sind eine dem Bedürfnis der Selbsttäuschung entsprungene Erfindung. 
2. November. 
Amtliche Mitteilung: Nach einer Blättermeldung soll die englische Regierung nach 
Besprechung mit den verbündeten und neutralen Mächten beschlossen haben, die Londoner 
Deklaration von 1909 nicht mehr als Grundlage für ihre Handlungsweise in Angelegen 
heiten des internationalen Rechts anzusehen. Eine Bestätigung für diese Lossagung 
Englands von der Londoner Deklaration scheint noch nicht vorzuliegen. Es wird aber 
wohl festgestellt werden müssen, ob eine solche Lossagung erfolgt ist. Sollte dies der 
Fall sein, so würden wir daraus den selbstverständlichen Schluß zu ziehen haben, daß auch 
Deutschland England gegenüber an die Londoner Deklaration nicht mehr gebunden wäre- 
5. November. 
Amtliche Mitteilung: Seit längerer Zeit schweben Verhandlungen zwischen Deutsch 
land und England wegen der Behandlung der beiderseitigen Staats 
angehörigen, die sich bei Ausbruch des Kriegs im Gebiet des anderen aufhielten. 
Dabei stand die deutsche Regierung aus dem Standpunkt, daß nach den völkerrechtlichen 
Grundsätzen diese Personen, soweit sie sich nicht verdächtig gemacht hätten, in ihrer 
Freiheit zu belassen seien, auch ungehindert in ihre Heimat abreisen dürften, daß jedoch 
den Engländern in Deutschland selbstverständlich keine bessere Behandlung zu teil werden 
könne wie den in England befindlichen Deutschen. Als daher die britische Regierung 
zunächst so gut wie sämtlichen Deutschen die Erlaubnis zur Abreise versagte, sind die in 
Deutschland befindlichen Engländer in gleicher Weise behandelt worden. Den deutschen 
Vorschlag, die beiderseitigen unverdächtigen Staatsangehörigen abreisen zu lassen, lehnte 
die britische Regierung ab, doch wurde eine Vereinbarung dahin getroffen, daß alle 
Frauen und alle männlichen Personen bis zu 17 und über 55 Jahren, sowie ohne Rück 
sicht auf ihr Alter Geistliche und Aerzte ungehindert abreisen dürfen. Die männlichen 
Personen zwischen 17 und 55 Jahren wurden nicht in die Vereinbarung einbezogen, 
weil die britische Regierung alle Wehrfähigen zurückhalten wollte und als solche auch die 
Männer zwischen 45 und 55 Jahren ansah. Inzwischen wurden die in England zurück 
gehaltenen Deutschen in nicht unerheblicher Anzahl festgenommen und als Kriegs 
gefangene behandelt. Nach zuverlässigen Nachrichten ist diese Maßnahme in den letzten 
Tagen auf fast alle wehrfähigen Deutschen ausgedehnt worden, während in Deutschland 
bisher nur verdächtige Engländer festgenommen worden sind. Die völkerrechtswidrige 
Behandlung unserer Angehörigen hat der deutschen Regierung Anlaß gegeben, der 
britischen Regierung zu erklären, daß auch die wehrfähigen Engländer in Deutschland 
festgenommen werden würden, falls nicht unsere Angehörigen bis 5. November aus der 
englischen Gefangenschaft entlassen werden sollten. Die britische Regierung hat diese 
Erklärung unbeantwortet gelassen, so daß nunmehr die Festnahme der englischen Män- 
Völkerkrleg. IH. 2
	        
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