Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

Unsere Kreuzer in den überseeischen Gewässern 
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gewehr und gespannten Revolvern die überraschte kleine Schar der Inselbewohner auf, 
sich zu ergeben und stellten ein Maschinengewehr auf, dessen Mündung sie auf die 
Hauptgebäude der Kabelstation richteten. Seesoldaten wurden auf der Insel rings 
umher aufgestellt, während Offiziere und Matrosen, mit Gewehren bewaffnet, nach dem 
Amtsgebäude marschierten. Die Kabelbeamten waren gerade tüchtig bei der Arbeit 
und waren vor Schreck wie gelähmt, als sie einen deutschen Offizier mit einem Revolver 
in der Tür des Arbeitsraumes stehen sahen. „Hände weg von den Apparaten, Sie 
alle!" befahl er. Alle, mit Ausnahme eines Beamten, gehorchten. Er hörte den Be 
fehl nicht, weil er gerade über seinem Kopfe den Empfänger hatte. Erst als einer 
seiner Kollegen ihn anrief, merkte er, in welcher Lage er sich befand. Die Leute 
mußten sich an der Wand aufstellen, während die Matrosen mit Aexten die Instru 
mente zerstörten. Ein Telegramm war vermutlich aufgegeben worden mit dem Inhalte, 
daß die „Nürnberg" oder „Leipzig" jeden Tag erwartet würde. Einer der deutschen 
Offiziere las es und sagte lächelnd: „Sehr interessant, nicht wahr? Ich werde es mir 
als Andenken mitnehmen." 
Eine andere Abteilung versuchte an der Küste das Landungsende des Kabels aufzu 
graben; da ihr das aber nicht gelang, wurden große Mengen von Dynamit aufge 
schichtet und das Kabel in die Luft gesprengt. Eine Mannschaft vom Kohlenschiffe 
suchte weiter draußen auf der See nach dem Kabel, um es noch mehr zu beschädigen. 
Noch eine andere Mannschaft legte Dynamit und Schießbaumwolle in den Mafchinen- 
raum, in den Keffelraum, in die Kühlanlagen und in den Dynamoraum. Die Explo 
sion dieser Ladungen war schrecklich, aber kein Mensch wurde verletzt. Eine Durch 
suchung des Amtes wurde dann vorgenommen und viele wertvolle Schriftstücke wurden 
mitgenommen. Diese Schriftstücke wurden an Bord der „Nürnberg" gebracht, und ein 
paar Stunden später erschien der Offizier wieder und ries ein Kommando Matrosen 
zusammen. Die Schriftstücke hatten nämlich ergeben, daß mehrere wertvolle Instru 
mente vergraben wären, daß eine Menge vergrabener Waffen und Munition vorhanden 
wäre, und daß sich im Geldschranke des Amtes dreitausend Dollars befänden. Der 
Schrank wurde aufgesprengt und das Geld mitgenommen. Die vergrabenen Instru 
mente wurden zerstört, die Gewehre und die Munition wurden mitgenommen." 
In einem anderen Brief heißt es: „Was uns bei diesem Abenteuer den größten Eindruck 
machte, war die rasende Schnelligkeit, mit der sich alles abspielte. Es schien uns nur 
Sekunden zu dauern, bis wir völlig abgeschnitten waren. Uns allen war recht unbe 
haglich zu Mute, aber sie waren sehr freundlich und entsetzlich höflich. „Möchten Sie 
nicht so liebenswürdig sein und mir eine Axt geben?" lautete z. B. die Aufforderung, 
als fie die Flaggenstange niederholten. Als zwei Aexte die etwa 40000 Mark kosten 
den Vergrößerungsgläser zerschmetterten, sagte ein Matrose entschuldigend: „Es tut 
mir leid, meine Herren, aber das ist der Krieg". Wir plauderten mit ihnen, und sie 
rauchten unsere Zigaretten. Sie äußerten alle den brennenden Wunsch, mit japanischen 
Schiffen zusammenzutreffen." 
22. September. 
Amtliche französische Meldung: Die deutschen Kreuzer „Scharnhorst" und „Gnei- 
senau" sind vor Papeete auf Tahiti erschienen und haben das kleine Kanonenboot 
„Zölöe", das seit dem 14. September abgerüstet im Hafen lag, in Grund geschossen. 
Hierauf beschossen sie die Stadt Papeete und fuhren weiter. 
Bevor die deutschen Kreuzer vor Papeete erschienen, statteten sie der Insel Bora- 
Bora bei Tahiti einen Besuch ab. Im „Petit Journal" erzählt ein Bewohner dieser 
Insel: „Der Gendarmeriebrigadier dieser Insel, der einzige dortige Vertreter der fran 
zösischen Autorität, gewahrte eines Morgens beim Erwachen Kriegsschiffe ohne Flaggen
	        
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