Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

Die Ereignisse auf dem östlichen Kriegsschauplatz seit Mitte September 247 
alle südlich der Weichsel entbehrlich gewordenen Teile auf das nördliche Weichselufer, 
um sich dann mit ihrer gesamten Macht der deutschen Offensive anzuschließen. Noch um 
die Mitte des Septembers standen die deutschen Truppen im russischen Grenzbezirk, und 
schon am 28. September konnte die neue Offensive aus der Linie Krakau—Kreuzburg in 
allgemein östlicher Richtung beginnen, eine gewiß achtungswerte Leistung unserer Bahn 
verwaltung. Auf dem linken Weichselufer war zunächst nur starke russische Kavallerie — 
etwa sechs Kavalleriedivisionen — gemeldet, die vor dem deutschen Anmarsch zum Teil 
unter schweren Verlusten zurückwich. 
Die Ende September über den Feind eingehenden Nachrichten ließen erkennen, daß 
der unmittelbare Zweck der deutschen Offensive, die Entlastung der zwischen den Karpathen 
und der Weichsel zurückgehenden österreichisch-ungarischen Armeen, bereits voll erreicht 
war. Starke russische Kräfte hatten von unsern Bundesgenossen abgelassen und wurden 
östlich der Weichsel im Vormarsch und Abtransport in nördlicher Richtung gegen die 
Linie Lublin—Kazimierz gemeldet. In den ersten Tagen des Oktobers schickten sich die 
Russen an, mit Teilen die Weichsel zwischen Sandomir und Josefow zu überschreiten, 
anscheinend in der Absicht, mit diesen Kräften die nördlich und südlich Opatow gegen 
die Weichsel vorrückenden Verbündeten in der Front zu fesseln und mit allen übrigen, 
über Jwangorod vorgehend, den deutschen.linken Flügel umfassend anzugreifen. Diese 
Absicht wurde durch den überraschenden Angriff überlegener deutscher Kräfte vereitelt, 
welche die über die Weichsel bereits vorgeschobenen russischen Vorhuten am 4. Oktober- 
östlich Opatow über den Fluß zurückwarfen. Die Russen gaben indes in der ihnen 
eigenen Zähigkeit ihre Absicht nicht auf. Weiter stromabwärts wurden in der Zeit 
zwischen dem 8. und 20. Oktober bei Kazimierz, Nowo—Alexandria, Jwangorod, Pawlowiee 
und Ryezywol Uebergangsversuche unternommen, die sämtlich und zum Teil unter sehr 
schweren Verlusten für die Russen von uns verhindert wurden. 
Inzwischen war es den österreichisch-ungarischen Armeen gelungen, die in Galizien 
eingedrungenen russischen Kräfte bis über den San zurückzuwerfen und Przemysl zu 
entsetzen; ein weiteres Vordringen, das sie in die linke Flanke der den Deutschen gegen 
überstehenden russischen Kräfte führen mußte, fand zähen Widerstand am San und hart 
nordwestlich Przemysl. Hierdurch gerieten die an der Weichsel stehenden deutschen und 
österreichischen Kräfte, deren Aufgabe es jetzt geworden war, ein Vorbrechen der Russen 
über die Weichsel zu verhindern, bis die von Süden auf dem rechten Weichselufer vor 
dringenden österreichisch-ungarischen Armeen den Stoß in des Feindes Flanke führen 
konnten, in eine schwierige Lage. Nachrichten über den Abtransport starker russischer 
Kräfte nach Warschau, sowohl vom San her wie aus dem Innern des Reiches, sowie 
Meldungen über den Ausbau einer starken brückenkopfartigen Stellung zwischen Lowitsch- 
Skierniewice-Grojec-Pilitza-Mündung ließen vermuten, daß die Russen eine großeOffensive 
gegen den deutschen linken Flügel aus Richtung Warschau beabsichtigten. Bestätigt 
wurde diese Vermutung später durch wertvolle unter den Papieren eines gefallenen 
russischen Offiziers gefundene Nachrichten; hiernach verfolgten die Russen den Plan, 
mit etwa fünf Armeekorps die Deutschen an der Weichsel ober- und unterhalb Jwan 
gorod zu fesseln, während die Masse, mehr als zehn Armeekorps, mit zahlreichen Reserve 
divisionen, über Warschau—Nowo-Georgiewsk vorbrechend, den deutschen linken Flügel 
eindrücken sollte. Diese Absicht konnte nur durch schleunigen Vorstoß auf Warschau 
vereitelt werden. Gelang es, hier die Russen am Ueberschreiten der Weichsel zu ver 
hindern, so gewannen die immer noch um den San-Abschnitt kämpfenden österreichisch 
ungarischen Armeen Zeit, ihren auf dem rechten Weichselufer geplanten Vorstoß in die 
linke Flanke der um den Stromübergang ringenden Russen auszuführen. Unter Be 
lastung schwächerer Kräfte zur Sprengung der Weichselbrücken ober- und unterhalb
	        
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