Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

236 Das Ringen im Osten bis zur Neugruppierung der verbündeten Heere 
und Slavoniens schon abgefunden hätten. Vielmehr scheint der Versuch darauf berechnet 
gewesen zu sein, in Oberungarn, wo die Magyaren gegenüber anderen Nationalitäten 
in Minderheit sind, eine Panik hervorzurufen: das Verhalten der russischen Truppen,, 
die, offenbar bestimmten Weisungen folgend, überall die rumänische und ruthenische Be 
völkerung bevorzugten, weist deutlich daraus hin. Nationale Selbständigkeitsregungen, 
in diesen Gebieten hätten leicht im nahen Balkan einen Widerhall finden können. Diese 
Berechnungen wurden aber sehr schnell durch die österreichisch-ungarische Armeeleitung 
vereitelt, die in knapp zwei Wochen mit dem russischen Einbruch fertig geworden ist. 
Der Einbruch, an dem insgesamt sechs russische Divisionen beteiligt gewesen sind, er 
folgte fast gleichzeitig an vier Stellen der Karpathen, wo Paßstraßen den Transport 
von Artillerie und Train ermöglichten. Kleinere Abteilungen gingen gleichzeitig über 
Schleichwege und durch Wälder. Die stärkste russische Säule ging von Turka aus über 
den Uszok-Paß vor, wo es im Tale der Ung vom 26. bis zum 29. September zu vier 
tägigen, für die Russen äußerst verlustreichen Kämpfen kam, woraus sie fluchtartig zu 
rückgehen mußten. Vorstoß und Flucht erfolgten auf demselben Weg. Eine zweite 
Einbruchstelle liegt bei Vereezkö, wo die Russen bis Szolyva gelangten. Ein Gefecht 
setzte dort am 4. Oktober dem russischen Vorstoß das Ziel; flüchtend gingen die ge 
schlagenen Russen zurück, der größere Teil auf der ursprünglichen Einbruchsliuie, eine 
kleinere Truppe anscheinend weiter östlich über Volocz nach Tucholka. Bei Tucholka. 
kam es später noch zu Rückzugsgefechten. Die dritte russische Kolonne, die am 27. Sep 
tember bei Tornya von ungarischen Truppen gestellt wurde, konnte zunächst den Vor 
marsch bis Oekörmezö erzwingen, wo es am 1. Oktober zu einem Gefechte kam, in dem 
die Russen ihre Stellung zu behaupten vermochten. In einem neuen Gefecht am 
10. Oktober wurde aber auch diese russische Abteilung geworfen und mußte nach Ga 
lizien zurückkehren. Verwickelter gestaltete sich der Vormarsch der vierten russischen Ein 
bruchskolonne, die man, vermutlich weil sie in ein zum Teil mit ruthenischen Bauern 
durchsetztes Gebiet ging, fast ungehindert bis Maramaros-Sziget, das sie einige Tage 
besetzt hielt, vordringen lassen mußte und die dann über Taracköz bis in die Nahe vorr 
Tecsö vorging. In der Nähe dieser Ortschaften und bei Hosszumezö kam es am 5. und 6. Oktober, 
zu heftigen Kämpfen, in denen die Russen auseinandergetrieben wurden. Fluchtartig mußten, 
sie über Marmaros-Sziget bisNagyBoscko zurückgehen, wo sich ein Teil der Zurückgehenden 
am 7. Oktober den nachdrängenden österreichisch-ungarischen Truppen nochmals stellte, aber 
wiederum geschlagen und zum Rückzüge gezwungen wurde, der bei Raho zunächst zum 
Stehen kam, nach einem weiteren Gefecht aber zur Flucht wurde. Kleinere Abteilungen 
waren, zum Teil schon nach dem ersten Gefecht bei Hosszumezö, das Vissotal aufwärts 
nach Südosten in verschiedenen Richtungen geflohen. Bei Felsö-Viso und bei Telcs kam 
es am 7. Oktober mit Teilen dieser Versprengten zu Einzelgefechten, die durchweg zur 
Auflösung der russischen Verbände führten. In mehreren Richtungen flüchteten die 
Russen übers Gebirge zurück; eine kleinere Abteilung floh von Telcs westwärts in der 
Richtung Magyar Lapos. Von diesen versprengten Abteilungen abgesehen, waren die 
Russen wieder über die Grenze zurückgewiesen. 
Die Kämpfe, die dieses Ergebnis erzielten, haben den Russen insgesamt mindestens 
15 000 Mann an Toten, Verwundeten und Gefangenen gekostet, also nahezu die Hälfte 
der für die Einbrüche eingesetzten Mannschaften. Die Zahl der Toten allein belief sich 
auf über 8000." 
Wenn es in dem vorstehenden Gesamtbericht heißt, daß man die vierte, erfolgreichste 
Einbruchskolonne bis Marmaros - Sziget und weiter vordringen lassen mußte, so soll 
damit nicht gesagt sein, sie hätte überhaupt keinen Widerstand gesunden. Welch erbitterte 
Kämpfe sich im Marmaroser Komitat damals abspielten, schildert ein unga-
	        
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