Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

Der w e st - und m i t t e l g a l i z i s ch e Kriegsschauplatz 231 
fast schwarz, da schüttelten sie sich nicht einmal, sondern rannten wie besessen in die 
vorderen Reihen. Nach wenigen Minuten verstärkte sich das Feuer und das Geknatter 
merkbar und die Remontenställe gerieten in Brand. Jetzt kam auch für uns, als letzte 
Reserve, der Befehl zum Vorwärtsrücken, und da folgten wir dem Beispiel der Tschechen, 
um so freudiger, als die feindliche Batterie mangels der Brücke sich bereits auf uns 
bedenklich eingeschossen hatte. Am anderen Ufer war inzwischen nicht mehr viel zu 
machen. Die Russen wurden gewaltsam in den Wald gedrängt, wo die Verfolgung fast 
unmöglich war, weil es inzwischen dunkel wurde. Viele konnten sich nicht gerettet haben, 
denn das Feld war mit ihren Leichen geradezu übersät. Wir aber tranken an dem 
Abend unsere Versöhnung den böhmischen Brüdern zu." 
Ueber die Kämpfe am Sanufer bei Jaroslau berichtet der Kriegskorrespondent der 
„Neuen Freien Presse": „Am erbittertsten sollen die Kämpfe am 22. und 23. Oktober 
gewesen sein. Wir brachten damals im gegnerischen Feuer Infanterie über den Fluß. 
Die Geschosse der Russen pickten wie ein Hagelschauer an die Stahlwände der Pontons, 
dennoch faßten einige Kompagnien drüben Fuß und konnten sich halten. Der Brückenkopf 
von Sieniawa, den wir vor der Einschließung von Przempsl plangemäß geräumt 
hatten*), ist längst wieder von uns besetzt. Die Russen stehen vier Kilometer östlich 
davon. Sie haben, solange die Befestigungen von Sieniawa ihnen gehörten, alles zusammen 
gerafft, was nicht niet- und nagelfest war, um es in ihre neuen Stellungen zu bringen 
und diese zu verstärken." 
Von allen Kämpfen an der Sanlinie waren die um die von den Russen besetzte, 
strategisch außerordentlich wichtige Magierahöhe am heftigsten und blutigsten. 
Schwere Artillerie leistete die Vorarbeit. Ein Berichterstatter der „Vosflschen Zeitung" 
hat die österreichisch-ungarischen Batterien während der Beschießung der Magiera besucht; 
er erzählt: „Wir biegen nach links ab, wo eben ein paar hundert Schritte vor uns eine 
Haubitzenbatterie ihre Salven abgibt. Zwei Tage und zwei Nächte steht sie hier und 
beschießt immerfort dieselbe Höhe, die etwa fünftausend Meter vor ihr liegt. Kunstvoll 
ist jedes der sechs Geschütze eingegraben und mit Brettern und schweren Steinen über 
dacht. In diesen Erdgruben ißt und schläft die Mannschaft und denkt an nichts als an 
jenen blau herübersckimmernden Höhenzug, dem sie nun schon tage- und nächtelang ihre 
großen schweren Geschosse entgegensendet. Es ist die Höhe Magiera, von der jedermann 
spricht und die jetzt bald genommen werden soll. Aber sie muß erst „weich gekriegt" 
werden, wie der Batteriekommandant, ein großer blonder Oberleutnant, sagt. Die 
Russen antworten ja mit allen Kräften, aber in der Batterie gab es bei dieser Kanonade 
noch nicht einen Verletzten. Bloß einem Zugführer wurde durch den Luftdruck einer 
Granatenexplosion die Kappe weggerissen, worüber er alsbald furchtbar zu schimpfen 
begann. Unausgesetzt arbeitet das Telephon, und eben hören wir, wie der Telephonoffizier, 
ein junger Fähnrich, in den Apparat spricht: „Ein Wagen mit Granaten muß unter 
allen Umständen vorgebracht werden!" Uns aber lockte es, noch bis zu jener Höhe, wo 
sich die vorderste der zusammenwirkenden Batteriestellungen befindet, vorzugehen. Von 
*) Ueber das damalige Gefecht — es fand am 17. September statt — schrieb die Krakauer „Nowa 
Reform«": „Auf unserer Seite standen drei Bataillone Infanterie mit drei Batterien und etwas 
Kavallerie. Von russischer Seite waren zwei Korps mit schwerer Artillerie im Anmarsch. Wir 
hielten uns trotz der russischen Uebermacht bei geringen Verlusten drei Tage. Als russische schwere 
Artillerie nahte, gingen wir schrittweise über die Brücke zurück und stellten uns in einer Entfernung 
von zwei Kilometern auf, durch einen Wald gut gedeckt. Bald folgten die Russen nach. Zuerst 
Kavallerie, dann eine Batterie und hierauf ein Bataillon Infanterie. Wer über die von uns unter 
minierte Brücke ging, wurde getötet. Gleichzeitig eröffneten unsere Maschinengewehre das Feuer und 
von den bereits über die Brücke gegangenen russischen Mannschaften konnten nur wenige entkommen."
	        
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