Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

202 Das Ringen im Osten bis zur Neugruppierung der verbündeten Heere 
11. Oktober. 
Großherzog Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar befindet sich in Rußland 
in der Front. Aus einem Feldpostbrief des Großherzogs an die Großherzogin teilt diese 
folgende Stelle mit: „Vorgestern haben wir die Russen gehörig verhauen. Von drei 
Seiten hatten wir sie umklammert. Leider sind uns doch noch welche entkommen. Der 
Feind stand in stark befestigter Stellung, konnte sich aber wegen der Umfassung nicht 
halten. Ich war zu meinem Regiment, das ich lange nicht gesehen hatte, geritten und 
kam gerade zu Leyen, als das erste Bataillon angriff. Da packte mich doch die Passion, 
ich blieb bei ihm, nahm einen Karabiner und machte den Angriff mit. Die Russen rissen 
aus den Schützengräben mächtig aus. Die Verfolgung machte ich zum Teil mit, spielte 
teils Zugführer, teils Schütze. Das Regiment hat allein über tausend Gefangene gemacht 
und mehrere Maschinengewehre erobert. Das Gefecht ist für mich eine schöne Erinnerung." 
12. Oktober. 
Der österreichisch-ungarische General der Infanterie Ritter v. Aussend erg ist, weil 
ihm sein Gesundheitszustand die Pflicht längerer Schonung auferlegt, in den Stand der 
Ueberzähligen versetzt worden. In einem überaus huldvollen Handschreiben behält sich 
Kaiser Franz Joseph die Wiederverwendung des Generals vor. 
13. Oktober. 
Zu den aus dem nordgalizischen Kriegsschauplatz Gefallenen gehört auch Prinz Karl 
Solms. Der junge Prinz diente als Dragonerleutnant und stand seit Beginn des 
Krieges im Felde. Vor kurzem wurde er vermißt, traf aber nach fast dreiwöchiger Ab 
wesenheit wieder ein. Er war, nachdem er an einer Reihe von Kämpfen teilgenommen hatte, 
mit einigen seiner Leute versprengt worden und dabei tief in die russischen Linien geraten. 
Er gab sich aber keineswegs gefangen, sondern versuchte, wieder zurückzukehren. Prinz 
Solms entwickelte dabei großes Geschick, so daß er schließlich — nachdem man ihn schon 
tot oder in Gefangenschaft wähnte — wieder wohlbehalten mit seinen Reitern zu den 
Seinigen stieß. Leider ist ihm das Glück nicht treu geblieben. 
15. Oktober. 
Kaiser Franz Josef hat dem Feldmarschalleutnant Kusmanek, den Kommandanten 
der Festung Przemysl, in Anerkennung seiner heldenmütigen Verteidigung der Festung 
den Orden der Eisernen Krone erster Klasse mit der Kriegsdekoration verliehen. 
Hermann Rudolf Kusmanek begann seine Offizierslaufbahn 1879 als Leutnant im Infanterie 
regiment Nr. 63. Nach Absolvierung der Wiener Kriegsschule, die er in den Jahren 1882—84 be 
suchte, wurde er als Oberleutnant dem Generalstab zugeteilt, in dem er einen großen Teil seiner 
glänzenden und raschen Karriere verbrachte. 1903 erhielt er den Posten des Vorstands im Präsidial 
bureau des k. und k. Reichskriegsministeriums. Seit 1910 ist Kusmanek Feldmarschalleutnant. Im 
Frieden kommandierte er die 28. Jnfanterie-Truppendivision in Laibach. 
23. Oktober. 
Der Kaiser hat auch dem Generalmajor v. Lud endorfs, Chef des Generalstabs der 
8. Armee und dem General der Infanterie v. Z w e h l, kommandierendem General des 
7. Armeekorps, den Orden Pour le merite verliehen. 
27. Oktober. 
Auf dem galizischen Kriegsschauplatz ist Prinz Joseph Ferdinand Lobkowitz 
einem Anschlag zum Opfer gefallen. Der Prinz wurde von einem Divisionskomman 
danten aufgefordert, ihn als Ordonnanzoffizier auf einer Automobilfahrt zu begleiten. 
Kurz nach der Abfahrt fiel der Prinz an der Seite des Divisionärs; eine Gewehrkugel 
hatte ihn getroffen und sofort getötet. Der Feldmarschalleutnant blieb unverletzt. Die 
Ausfahrt des Automobils geschah weit entfernt von der Schlachtlinie und während dieser 
Zeit wurde in der Nähe überhaupt nicht gekämpft. Woher der Schuß kam, konnte nicht
	        
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