Volltext: Der Völkerkrieg Band 11 (11 / 1918)

182 Der Handelskrieg vom 8. Februar 1916 bis 1. Februar 1917 
Das Tauchboot lag jetzt 4 Tage lang und ließ sich im Nebel umhertreiben, wobei es 
viermal unter Wasser ging. Der längste Aufenthalt unter Wasser währte 4 Standen. 
Nach dem, was sie gehört hatten, besaß das Tauchboot nur Lebensmitel für seine Be 
satzung für eine gewisse Zeit genau abgemeffen. Es sei deshalb ein nicht zu geringes 
Manko gewesen, das die Norweger dem Proviantvorrat der Deutschen zufügten. Am 
Abend des dritten Tages wurde ihnen deshalb bekanntgegeben, daß man hoffe, sobald 
wie möglich ein Schiff zu finden, das sie an Bord nehmen könnte. Endlich am vierten 
Tage vormittags V2II Uhr wurden alle Mann von „Lindfield" auf Deck des Tauch 
bootes befohlen: das Boot hatte ein norwegisches Segelschiff angehalten, das sie an Bord 
nahm und sie nach zwei Tagereisen in England landete." 
Von der in einer früheren Bergener Meldung der „Tidens Tegn" enthaltenen scham 
losen Verleumdung, wonach der deutsche Kommandant den Norwegern gesagt hätte, falls 
man nicht demnächst ein Schiff fände, das sie aufnehmen könnte, würde er gezwungen sein, 
sie auf Deck zu stellen und ihrem Schicksal zu überlaffen, blieb demnach nichts übrig. 
Die Katastrophe des Dampfers „Sussex" 
am 24. März 1916 
Der Postdampfer „Sussex" der „London-Brighton und South Eastern Eisenbahngesell 
schaft", der den regelmäßigen Dienst zwischen Dieppe und Folkesione versah, wurde am 
Nachmittag des 24. März 1916 im Kanal bei Dieppe torpediert. Ueber die Kata 
strophe berichtete „Havas" (25. III. 16): An Bord des torpedierten Passagierdampfers 
„Sussex" befanden sich 380 Reisende, darunter viele Neutrale, Amerikaner und Spanier, 
sowie 1200 Depeschenbcutel. Etwa 80 Fahrgäste wurden dabei getötet oder verwundet. 
Nach einer Pariser Meldung des „Secvlo" (31.III. 16) soll sich auch Cadorna auf 
der „Sussex" befunden haben und infolge des Unfalls verspätet von London ins belgische 
Hauptquartier und zur Pariser Konferenz (vgl. Bd. XIV, S. 3 u. 13) gekommen sein. 
Einer der geretteten Passagiere der „Sussex", der Schweizer Wettstein, hat der 
„Neuen Zürcher Zeitung" (29. III. 16) einige Mitteilungen über seine Erlebnisse ge 
macht. „Ich saß," so erzählte er, „aus Deck ungefähr in der Mitte und vernahm 
plötzlich einen „Klaps", herrührend von einer Explosion, wie ich mir sofort bewußt war. 
Das muß um 2.55 Uhr geschehen sein, denn die Uhr eines Mitpassagiers, der ins Meer 
gefallen aber gerettet worden war, stand aus diese Minute still. Bretter und andere 
Holzstücke schwirrten in der Lust herum und bedeckten bald in weitem Umkreis die Wasser 
fläche. Ich dachte sofort an nichts anderes als an einen Torpedoschuß, denn allgemein 
hatte man den Eindruck, als ob mit einem Male eine große Holzwand mitten entzwei 
gerissen worden wäre. Der Vorgang bei Schiffsexplosionen, infolge Minen deckt sich 
erfahrungsgemäß mit dieser Wahrnehmung nicht. Ich verlor meine Geistesgegenwart 
keinen Augenblick und ließ mich auch nicht von der allgemeinen Panik mitreißen, die 
einsetzte, sondern ergriff den ersten besten Rettungsring auf Deck. Alles stürzte sich auf 
Rettungsringe und Rettungsboote; immerhin sorgte man doch noch dafür, daß zuerst die 
Frauen und Kinder in Sicherheit gebracht wurden. Von irgendwelcher Leitung und 
Organisation des Rettungsdienstes kann aber doch nicht gesprochen werden, wenigstens 
soweit ich auf Deck beobachten mußte. Es spielten sich hier Szenen ab, die sich meinem 
Gedächtnis tief und unauslöschlich eingeprägt haben. Tort drückt eine Mutter in heller 
Wahnsinns Verzweiflung ihr Kindchen an die Brust, als ob es gelte, im Angesicht des 
sichern Todes vom Liebsten Abschied zu nehmen; da sucht ein Mann händeringend nach 
seinen Angehörigen, und dort wiederum stürzen sich Passagiere, vom Irrsinn befallen, 
blindlings ins Wasser, bevor nur das erste Rettungsboot freigemacht ist; hier kauert eine 
betende Frau auf den Knien und erfleht laut schluchzend des Himmels Hilfe.
	        
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