Volltext: Der Völkerkrieg Band 11 (11 / 1918)

154 Der Handelskrieg bis zum uneingeschränkten Unterseebootskrieg 
worden waren. Liverpooler Baumwollhäuser benachrichtigen New Jorker Firmen, 
daß sie nur mit solchen amerikanischen Firmen Verbindungen unterhalten würden, die 
weder direkt noch indirekt mit den Mittelmächten verkehren. Daraus erklärt es sich auch, 
warum große Sendungen an Neutrale in gewissen Fällen nach englischen Häfen geschleppt 
und dort tagelang zurückgehalten wurden, während Exporte der Konkurrenz ungehindert 
den Bestimmungshafen erreichten. Wurde schließlich die beanstandete Sendung auch frei 
gegeben, hatte der bei den britischen Behörden in Ungnade gefallene Exporteur doch viele 
Kosten und Verluste gehabt. Auch die Weigerung britischer Schiffe, Waren deutscher und 
österreichischer Firmen nach Ostasten zu verfrachten, hat den amerikanischen Handel schwer 
geschädigt, da sich ein großer Teil des Handels zwischen dem fernen Osten und den Ver 
einigten Staaten in den Händen der Deutschen befand. Auch japanische Schiffe weigerten 
sich, Waren der Mittelmächte zu verschiffen, was besonders empfindlich war, da 75 bis 
90 Prozent des chinesischen Exports in Amerika in deutschen Händen waren. 
Für die Beaufsichtigung der Einfuhr aus England und den britischen Kolonien fand 
die englische Regierung ein einfaches Mittel. Es wurde überhaupt nicht mehr direkt an 
die Abnehmer verkauft; diese mußten vielmehr einer in ihrer Branche geschaffenen Import- 
Vereinigung, z. B. dem „Uudder Olud of America“ oder der „Textile Alliance“ bei 
treten, die der englischen Regierung gegenüber die Garantie gab, daß von dem ein 
geführten Gummi, Wolle usw. nichts außer Landes gehe. Charakteristisch ist, wie z. B° 
der „Rubber Club os America* zum offiziellen Agenten der britischen Regierung wurde. 
Etwa 70 Prozent des Rohgummis kommen,* wie der „Frankfurter Zeitung* (15. X. 15) 
aus New Jork berichtet wmde, „von den Malapen-Staaten und Ceylon, also britischen 
Besitzungen, und nur 30 Prozent von Brasilien. Als die britische Regierung ein Embargo 
auf die Mitglieder des Rubber Clubs legte, und dieser auf eine Appellierung beim Staats 
departement nur einen formalen, aber wirkungslosen Protest erzielte, verhandelte der 
Klub direkt mit der britischen Regierung Er unterschrieb die Bedingungen dieser und 
erwarb damit das Privileg, das nötige Rohmateiial zu kaufen und zu bezahlen. Dies 
Privileg brachte den amerikanischen Gummi-Handel tatsächlich unter die Aufsicht und 
Kontrolle der britischen Regierung. Die amerikanischen Fabrikanten und Händler mußten 
Garantiescheine unterschreiben, daß sie an Deutschland, Oesterreich und die Türkei nicht 
verkaufen wollten und ebensowenig an irgend einen Händler, der Kontrakte zur Lieferung 
von Fabrikaten an diese Länder annehmen sollte. Es liegen ebenso Beweise vor, daß 
amerikanische Firmen gezwungen wurden, die britischen Bedingungen für Stahlfabrikanten 
anzunehmen. So hat die „Otis-Slahl-Gesellschaft* von Ohio ihren Kunden mitgeteilt, 
sie könne keine Kontrakte annehmen für Fabrikate, die an irgend ein nicht von Groß 
britannien freigegebenes Land verkauft werden sollten. Auch Expreß-Befördcrungs- und 
Tampsergesellschasixn, Bankiers und Versicherungsfirmen sind in gleicher Weise gezwungen 
worden, den von der britischen Regierung stipulierten Garantien zuzustimmen, so daß diese 
eine absolute Aufsicht und völlige Kontrolle über die Verschiffungen jeder Art erhielt.* 
Schließlich meldete „Reuter* am 25. Okiobcr 1915, der Staatssekretär des Handels 
departements in Washington Redfield habe mitgeteilt, daß ein amerikanischer Trust 
ähnlich dem Niederländischen Ueberseclrust errichtet worden sei, der in gleicher Weise 
nichtamtlich alle Ausfuhr nach den neutralen Ländern überwachen müsse. 
Gegenüber all diesen offiziellen und inoffiziellen Machenschaften der Entente und be 
sonders Englands wird die Heuchelei Großbritanniens deutlich durch ein Rundschreiben 
gekennzeichnet, das der britische Botschafter in Washington, Spring Rice, nach einer 
„Reuter-Meldung* (19. X. 15) an alle britischen Konsuln in den Vereinigten Staaten 
verschickte, um sie aufzufordern, die britischen Untertanen vor jeder Verletzung der ameri 
kanischen Neutralität und vor jeder Propaganda zu warnen, die eine Beeinflussung der
	        
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