Volltext: Der Völkerkrieg Band 11 (11 / 1918)

16 Neue Kriegs erklärungen durch Italien und Rumänien 
vormittags im Palast in Cotroceni stattfinden. ES werden daran teilnehmen: Die Mitglieder der 
Regierung, die ehemaligen Ministerpräsidenten Carp, Majorescu, Rosetti, die Parteiführer Marghi- 
loman, Filipescu und Take Jonescu, die ehemaligen und die gegenwärtigen Präsidenten der gesetz 
gebenden Körperschaften Pherekyda, Cantacuzene, Paschcani, Olanesco und RobeSco, letzterer an 
Stelle des im AuSlande weilenden Senatsprästdenten Basil Misstr. 
Am Abend des 26. August fanden im königlichen Schloß in Cotroceni große Festlich 
keiten statt, denen alle Minister und Entente-Diplomaten beiwohnten. Das Bankett 
dauerte bis zum frühen Morgen; infolgedessen mußte der ursprünglich aus Sonntag den 
27. August vormittags 10 Uhr festgesetzte Kronrat auf 5 Uhr nachmittags verschoben 
werden. Wegen der „Müdigkeit" des Königs wurde er außerdem nicht in Bukarest, son« 
dern im Schlosse Cotroceni abgehalten. Schon lange vor Beginn des Kronrates be 
gannen in Bukarest die Straßendemonstrationen, der beste Beweis, daß der ganze Kron 
rat eine abgekartete Komödie gewesen ist. 
Ueber den Verlaus des Kronrats gab der Bukarester Korrespondent des „Rußkoje 
Slowo" nach Stockholmer Meldungen des „Berliner Tageblatts" (11. IX. 16) folgende 
Einzelheiten: „König Ferdinand erschien mit dem festen Entschluß und sprach ohne 
Zögern den Wunsch aus, Rumäniens Schicksal an das Rußlands und der Alliierten zu 
knüpfen. Hiezu, so betonte er, sei er nach reiflicher Ueberlegung gekommen, wenn es 
ihm anfangs freilich schwer geworden sei. Um die großrumänischen Träume zu verwirk 
lichen, müsse Rumänien den Krieg führen. Er sei überzeugt, dieser Krieg werde sehr 
schwer und vielleicht von sehr langer Dauer sein, aber dies könne ihn von dem einmal 
gefaßten Entschluß nicht zurückhalten. Ein Großrumänien könne nur auf dem Wege 
von Kampf und Opfern errungen werden; würde man darauf diesmal verzichten, so 
würde nie wieder eine so günstige Gelegenheit eintreten. „Wir riefen den Krieg nicht 
heran," sagte der König, „der Krieg kam von selbst, er kam unter Bedingungen, die 
wir nicht abzulehnen vermochten." Zur Kriegserklärung sei er fest entschlossen, er erscheine 
im Kronrat nicht, um ihn um seinen Rat, sondern um seine Unterstützung zu ersuchen. 
In diesem heiligen Kriege verlange er Einigkeit. 
Darauf ergriff Carp das Wort, kritisierte jedoch nicht den König persönlich, sondern 
nur sein Kabinett. Auf Carps Wunsch, daß Bratianu seine Kriegstreiberei begründen 
solle, erklärte Bratianu, seit dem Balkankricg habe er sich allmählich von der Unnatür 
lichkeit des Bundes mit Deutschland und der Donaumonarchie überzeugt. Im Jahre 1914, 
nach der Unterredung mit dem Gesandten Grafen Czernin, sei er zum Schluß gekommen, 
daß Ungarn keine Konzessionen zu machen beabsichtige, daß somit von einem Bündnisse 
mit den Mittelmächten nichts zu erwarten sei. „Durch Italiens Kriegserklärung war 
auch unsere Zugehörigkeit als lateinische Rasse zum Bündnisse nicht mehr berechtigt, 
unsere Intervention zugunsten der Alliierten wurde somit zur historischen Notwendigkeit, 
aber bei Kriegsbeginn hielt uns eine Reihe von Umständen ab. Wir mußten warten. 
Mit der Zeit sahen wir ein, daß ein deutscher Sieg zweifelhaft, jetzt aber infolge unserer 
Intervention ausgeschlossen sei. Uns erwartet ein schrecklicher Kampf, vielleicht sogar 
ein Mißerfolg, aber wir müssen diesen Weg betreten. Wenn wir jetzt nicht eingreifen, 
verlieren wir alles." Schließlich erklärte der Ministerpräsident, der ruhig sprach und seine 
Rührung zu verbergen versuchte, er übernehme die Verantwortung für die weitere Ent 
wicklung. Der König drückte stumm Bratianus Hand." 
Nach weiteren Berichten des Bukarester Korrespondenten der Petersburger „Börsen 
zeitung" befürwortete auch Marghiloman die Bewahrung der Neutralität, worauf 
Filipescu und TakeJonescu ihre Stellungnahme formulierten; Filipescu weinte 
vor Erregung. Nach den Ausführungen des Ministerpräsidenten erklärte Marghiloman, 
da die Sache bereits entschieden sei, werde er als rumänischer Mitbürger handeln.
	        
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