Volltext: Der Völkerkrieg Band 11 (11 / 1918)

Vom Parlament und der Regierung 
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„Unsere Verbündeten vermögen nur infolge unserer finanziellen und materiellen Hilfe den Kampf 
fortzuführen. In keinem Lande Europas, ausgenommen Ungarn und Italien, ist von dem Geist der 
Internationale noch soviel vorhanden, wie bei der deutschen sozialistischen Partei. Der Wunsch nach 
einem Frieden beschränkt sich nicht auf die deutsche Sozialdemokraten, sondern ist bei der Bevölkerung 
allgemein. Dieser Wunsch ist durchaus nicht durch ein Gefühl der Niederlage hervorgerufen, sondern 
der Tatsache zuzuschreiben, daß die Unverwundbarkeit der Deutschen gegen Angriffe von außen durch 
die Erfahrungen im gegenwärtigen Krieg bewiesen worden ist. Man hat gute Gründe zu der An 
nahme, daß sich jetzt eine günstige Gelegenheit bietet, um Verhandlungen anzubahnen." 
Er verkenne, schloß Snowden seine Ausführungen, die großen Schwierigkeiten nichts 
aber kein Staat sei in einer so günstigen Lage wie England, um den ersten Schritt zu 
tun. Wenn dies geschähe, würde die Größe dieses Staates kund. Er wäre der be 
deutendste Schritt, der jemals zum Besten der Völker unternommen worden wäre, der 
Schritt, durch den allein die Gewähr für einen dauernden Frieden gewonnen werden könnte. 
Darauf führte Trevelyan u. a. aus: 
„Man hat guten Grund zu der Annahme, daß die Deutschen jetzt oder doch bald bereit sein würden^ 
die Bedingungen zu erfüllen, die von unserm Standpunkt aus durchaus günstig wären. Die Militär 
partei in Deutschland hat zwar offen den Willen kundgegeben, daS in Belgien und Nordfrankreich 
von ihr eroberte Gebiet zu behalten. Eine Partei jedoch, die 4 Millionen deutscher Arbeiter 
zählt, deren große Mehrzahl für den Krieg ist, hat durch einen ebenso denkenden Sprecher von der 
Regierung eine Erklärung über Friedensvorschläge verlangt. Es war die- eine wichtige Tatsache, 
und um so bedeutsamer war die Antwort deS deutschen Reichskanzler-, der fich weigerte, Vorschläge 
anzugeben, und zwar hauptsächlich, wie er sagte, weil eS nutzlos sei, von einem Frieden zu reden 
angesichts der angekündigten Absicht der Alliierten, den deutschen Militarismus zu zerstören, Deutschland 
zu zerstückeln und zu zerschmettern. Ich glaube nicht, daß dies eine richtige Auslegung der Guild- 
hallrede des Ersten Ministers war. ES war vielleicht ein Fehler der britischen Regierung, daß sie 
diese Auslegung nicht abgelehnt hat. Denn wir haben keine Aussicht auf einen Frieden, solange Deutsch 
land überzeugt ist, daß wir auf Eroberungen und Angriffe ausgehen. Ich schlage vor, die Regierung 
möge, anstatt allgemein über die Zerschmetterung Deutschlands zu reden, be 
stimmte Friedensvorschläge machen." 
Asquith erwiderte, es freue ihn, daß das Haus diesen Reden mit Geduld zugehört 
habe. Die beiden Mitglieder hätten sicherlich nicht für die demokratische öffentliche 
Meinung gesprochen. Er bezweifle sogar, daß sie auch nur für ihre Wahlkreise gesprochen 
hätten. Snowdens Eingeständnis, daß man in England einig sei und bleiben werde in 
der Forderung, daß die Friedensbedingungen die Erreichung der Ziele Englands dauernd 
sicherstellen müßten, heiße er gut. Es herrsche völlige Einigkeit im Lande. Der eigent 
liche Inhalt der Rede Snowdens sei, daß in Deutschland ein wahrhafter Wunsch nach 
Frieden bestehe. Woraus stütze sich nun diese Behauptung? Da sei die jüngste Debatte 
im Reichstag und die Rede des Kanzlers, der gesagt zu haben scheine, er sei durchaus 
gewillt, eine Annäherung von anderer Seite willkommen zu heißen. Jedermann würde 
bereit sein, Annäherungen von anderer Seite willkommen zu heißen, aber der Kanzler 
habe nicht angedeutet, daß er bereit sei, die Initiative zu ergreifen, und da er seine 
Erklärung dadurch ergänzt zu haben scheine, daß er den Abgeordneten sagte, Deutschland 
habe sich nicht als Feind aller Nationen erwiesen (jenes Deutschland, das Belgien ver 
nichtet und verwüstet und sein Bestes getan habe, auch Serbien, Montenegro und Polen 
zu vernichten und zu verwüsten), so könne eine solche Erklärung in solchem Zusammenhang 
nur als eine gewaltige, schamlose Kühnheit bezeichnet werden. Asquith fuhr 
daraus, vielfach von Beifall unterbrochen, fort: 
„Ich würde den imaginären Friedensbedingungen des Kanzlers mehr Gewicht beilegen, wenn ihre 
Sprache auf Gründen beruhte, die nicht von so durchsichtiger Heuchelei und Nutzlosigkeit wären. Es 
ist wahr, daß einige Mitglieder der sozialdemokratischen Partei sehr mutig eine höchst unvolkstümliche 
Stellung angesichts einer großen Verwirrung behauptet haben. Aber was ist dabei erreicht worden,
	        
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