Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

Die Kämpfe im Tiroler und Kärntner Grenzgebiet I. 55 
Granate aus dem werdenden Schützengraben aufquellen. Ruhig sagt der Mann am 
Telephon es nach unten an, ob der Schuß traf oder wie weit rechts vom Ziel. 
Der Italiener weiß es und haßt diesen Gipfel und schickt seine schwersten Granaten 
hinaus. Nicht immer treffen sie, und wenn sie treffen, gewähren die Felslöcher einigen 
Schutz, aber einmal wurden durch den bloßen Lufthauch einer Achtundzwanzig- 
Zentimeter-Granate, die nicht traf und vorbeiflog, zwei junge Soldaten von dem Gipfel 
gehoben und flogen, wie selbst aus der Kanone geschossen, durch die blaue sonnige Luft 
weit, weit ins tiefe Tal. Wo der eine hinflog, das weiß man noch nicht; den ver 
stümmelten Leichnam des anderen hat man irgendwo gefunden. 
Zwei Mann weniger aus dem Gipfel; die anderen halten weiter aus. * 
„Mitte September," heißt es in einem weiteren Bericht des „Berliner Tageblatts" 
<29. IX. 15), „begannen die Italiener einen großen, umfassenden Angriff gegen den 
Monte Coston einzuleiten. In der Nacht vom 17. aus den 18. September stürmten 
starke feindliche Jnfanteriemassen gegen den Berg und gegen die österreichisch-ungarischen 
Stellungen nördlich des Gipfels an, wurden jedoch unter schweren Verlusten abgewiesen 
und zurückgetrieben. Drei Tage später erneuerten die Italiener ihren Angriff auf 
breiterer Front, wurden aber wieder zum Rückzug gezwungen. Das Gefecht griff jetzt, 
da die Verteidiger zur Vereitelung der feindlichen Umfassungsbewegung zum Gegenstoß 
vorgingen, weiter nach Osten auf italienisches Gebiet über; der Bericht Cadornas vom 
22. September erwähnt sogar die Osteria Florentina nordwestlich Arstero, bis wohin die 
Unsrigen vorgedrungen waren. Die ungeheure Uebermacht des Gegners errang jedoch 
schließlich den Erfolg. Ohne Rücksicht auf die Verluste vollendeten sie die Umfassung 
des Felsgipfels bis auf eine schmale Lücke, die den heldenmütigen Verteidigern noch den 
rechtzeitigen Rückzug möglich machte. Ein weiteres Halten der Stellung, die ja zum 
größten Teil auf italienischem Boden lag, wäre nur unnützes Blutvergießen gewesen. 
Die Italiener hatten keine Ursache, sich dieses Erfolges besonders zu erfreuen. Er 
hatte für fie keinen taktischen Wert und war teuer genug bezahlt. In der Geschichte 
der Landesverteidigung Tirols werden die Kämpfe um den Monte Coston ein ruhm 
volles und lorbeerreiches Kapitel bilden, das vorläufig mit der Verleihung der Tapferkeits 
medaillen an die heldenmütigen Verteidiger, die der Erzherzog-Thronfolger Karl Franz 
Josef an der vordersten Front persönlich vornahm, abschloß ..." 
An der kärntnerischen Grenze 
1800 Meter hoch, auf dem großen und kleinen Pal, am Freikofel, halten Ungarn, 
Szekler, die Wacht. Paul Lindenberg hat sie im Herbst 1915 besucht und erzählt davon 
anschaulich in einem seiner Kriegsbriefe: „Bei Tag und Nacht muß hier unaufhörlich 
aufgepaßt werden, an Schlaf ist wenig zu denken. Denn fortwährend gibts mit den 
Italienern, mit denen man sich des öfteren auf 30 oder gar 20 Meter gegenüber liegt, 
Plänkeleien und Schießereien. Die Alpini, die hier vorgeschoben wurden, sind kühne 
Gegner und gute Schützen, die jeden, auch den kleinsten Vorteil, wahrzunehmen wissen. 
Gegen die sengenden Sonnenstrahlen und gegen die reißenden Regengüsse schützt man 
sich bloß durch ein Zelttuch, das man über zwei Felsblöcke spannt; nur nachts, stets 
mit größter Vorsicht, kann man seine winzigen „Befestigungen" ausführen und sich, so 
gut es geht, etwas in den harten Steinboden eingraben. Als Nahrung dienen haupt 
sächlich Speck und Brot, zur Erquickung kalter Kaffee und Tee, an Warmes ist nicht 
zu denken. Meist bleiben die Truppen zehn Tage oben, die Ablösung ist schwer und 
leicht mit Opfern verbunden; sie kann nur nachts vor sich gehen, in halsbrecherischer Art. 
Und auch dort oben hat man Geschütze und Maschinengewehre in gut verborgenen 
Stellungen untergebracht, verfügt über Handgranaten und Minenwerfer, vor denen die
	        
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