Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

54 Der italienische Krieg während des dritten Kriegshalbjahres 
hatte seine Kampfeslust nicht mehr bezähmen können und war weit vorausgeeilt, um 
als erster in die Hütte einzudringen. Die Nachstürmenden hatten es nicht bemerkt, und 
eine verirrte Kugel traf den Armen, der sterbend in der Hütte ausgefunden wurde. In 
Martell ist er am 26. September mit militärischen Ehren beigesetzt worden. 
Die Hütte, in der die Ausrüstung der Besatzung, Kälteschutzmittel und zahlreiche 
Lebensmittel, insbesondere Getränke und Schaumwein erbeutet wurden, ist nach der 
Räumung in Brand gesteckt und, wie die Befestigungsanlagen der Umgebung, vollständig 
zerstört worden. Nach der Säuberung des Cedeh- und Fornotales und des ganzen um 
liegenden Raumes richtete sich das Feuer der österreichisch-ungarischen Geschütze auf die 
Mailänder-Hütte. Auch sie ist heute nur noch ein Trümmerhaufen, der den Italienern 
nicht mehr Schutz und Stützpunkt sein kann, wenn sie noch einmal die Absicht hätten, 
sich dem Sulden-Tal zu nähern. So war das Ortlergebiet frei vom Feind. 
Was die österreichisch-ungarischen Truppen in diesen größeren Kämpfen in der Eis 
region des Ortler geleistet haben, ist über jedes Lob erhaben. Es mag der Hinweis 
aus die oben angeführten Höhenangaben des Gefechtsseldes genügen, und die Bemerkung, 
daß manche der erwähnten Gipfel bisher nur von wenigen Alpinisten und nur mit Hilfe 
aller möglichen Vorkehrungen in Friedenszeiten erklommen worden sind. In Räumen, 
die sonst kaum einmal im Jahr eines Menschen Fuß betreten hat, wurden jetzt Artillerie 
stellungen bezogen, die bisher höchstgelegenen Europas. 
Die Bestürmung und Eroberung des Monte Coston 
am 22. September 1915 
Der Sonderberichterstatter des „Berliner Tageblatts" (25. H 15) erzählt: „Ein 
dreieckiger weißer Kalkfelsen reckt seine scharfe Kante über das Hochland; von allen 
Seiten kann man sie so gut sehen, von unten aus dem sonnenvollen Tal, von oben, wo 
des Dreieckes längste Seite sich etwas sanfter zu den Hochwiesen senkt. Von jedem Berg 
weit in der Runde steht man diesen Felsengipfel, den Monte Coston (vgl. VIII, S. 52), 
und wer auf den Felsen geklettert ist, sieht, was sich in einem guten Stück des Landes 
Tirol rührt und bewegt. Darum hat sich dort auf der scharfen Spitze eine kleine Zahl 
tollkühner Soldaten festgesetzt; mit Scherenfernrohren und vielleicht mit dem einen oder 
anderen sernreichenden Rohr anderer Art. Auf dem sanfteren Hang des spitzen Drei 
ecks, gegen die Almenwiesen hin, könnte ein Bergsteiger ziemlich bequem auf den Felsen 
steigen — aber irgendwo auf einem Berg gegenüber hat der Feind Kanonen und be 
streicht den Weg; keiner könnte da durch. Die andere Seite des Felsdreiecks aber ist 
eine senkrechte Felswand; kein italienisches Schrapnell kann sie erreichen, aber es klettert 
sich so bequem empor wie an der Außenwand eines unsinnig hohen Kirchturmes. Denn- 
noch, es muß sein; irgendwie wird täglich Nahrung, Wasser und Munition für öster 
reichisch-ungarische Soldaten hinaufgebracht. Und oft muß man Verwundete den gleichen 
unmöglichen Weg herabbringen. Denn der Italiener weiß längst, daß er von dieser 
scharfen Spitze beobachtet wird; eine schwere Granate nach der anderen fliegt aus den 
Gipfel zu. Oft, denn die dünne Spitze ist leicht zu fehlen, saust der riesige heiße Metall 
kegel vorbei und fährt heulend ins Tal. Manchmal aber trifft er den Fels. Und oben, 
auf einer Fläche, so groß wie ein kleineres Zimmer, liegen Männer und warten auf die 
Granaten. Sie haben sich Löcher in den Stein gebrochen, darin hocken sie Tag und 
Nacht. Einer steht am Fernrohr und blickt aus. Einer spricht ins Telephon; dort und 
dort arbeiten die Italiener an einem Weg, dort scheinen sie ihre Schützengräben vor 
schieben zu wollen. Irgendwo, am anderen Ende des Telephondrahts, gibt ein Artillerie 
offizier einen Befehl, und gleich steht man von der Felsspitze aus ein weißrotes Schrapnell 
wölkchen über den italienischen Arbeitern aufblühen oder den schwarzen Rauch einer
	        
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