Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

52 Der italienische Krieg während des dritten Kriegshalbjahres 
Wie Arnold Höllriegel im „Berliner Tageblatt" (25. IX. 1915) erzählt, „hatten die 
Italiener bei Kriegsbeginn versäumt, den Paradiespaß und die ihn einschließenden 
Felsen zu besetzen. Bis zu dem Tage der Kriegserklärung lagerten dort zu beiden 
Seiten der Grenze ein österreichisch-ungarisches und ein italienisches Kommando. Aber 
die Italiener hatten, als gegen Kälte empfindliche Leute, die Angewohnheit, jeden Abend 
abzuziehen und morgens pünktlich wiederzukommen. Wer beschreibt die Verwunderung 
unserer Leute, als auch an dem Tage, da Italien verräterisch den Krieg angesagt hatte, 
der italienische Hauptmann auf dem Paradiespasse, offenbar ohne Ahnung des Vor 
gefallenen, als die Sonne unterging und es kühl wurde, den österreichischen Kameraden 
höflich grüßte und den gewohnten Abendspaziergang talabwärts antrat! Natürlich 
wurden die Italiener am nächsten Morgen mit Gewehrschüssen empfangen, und seitdem 
ist der wichtige Uebergang in österreichisch-ungarischen Händen geblieben." 
Der mißlungene Versuch vom 14. September, das „verlorene Paradies" wiederzu 
gewinnen, wurde von Alpini unternommen; auf dem Castellaccio — einer den Paß 
beherrschenden Felskuppe — verschanzte österreichisch-ungarische Wachen ließen die Alpini 
in gewohnter Weise nahe herankommen und warfen ihnen dann Handgranaten ent 
gegen. Zugleich setzte die Artillerie der österreichisch-ungarischen Werke, die die Italiener 
schon niedergekämpft glaubten, kräftig und wirkungsvoll ein. „In der höchsten Eis 
region kam es," nach einem Bericht aus dem K. u. K. Kriegspressequartier (24. IX. 1915), 
„dann gleichwohl zwischen den Alpini und den Unsern zu einigem Handgemenge, das 
wenige Stunden nach dem Ansetzen des Angriffs um Mitternacht mit der Flucht der 
Alpini endete. Sie ließen fünfzig Tote und noch mehr Verwundete zurück. Der Stand 
schütze Hans Bertle, ein in München lebender Maler, hat aus den Kämpfen im 
Gletschereis in einem Bilde die charakteristische Episode des Sanitätssoldaten Peter 
Maier festgehalten, der von einem verwundeten Alpino, dem er auf dem Eise den Fuß 
verbunden hatte, in dem Augenblick heimtückisch erschossen wurde, als er ihm den Rücken 
wandte, um eine Tragbahre für den Italiener zu holen." 
„Während die Italiener," erzählt Arnold Höllriegel im „Berliner Tagblatt" (25. IX. 
1915) weiter, „nach jedem Mißerfolg in ihren Jnfanterieangriffen gleichsam eine Pause 
der Verdutzung eintreten ließen, dauerte das Feuer ihrer zahlreichen schweren Artillerie 
systematisch fort. Das Häuflein Verteidiger des Paradiespasses allein hatte in den 
Sommermonaten 1915 gegen sechstausend schwere Granaten niederfallen sehen. Aber 
an die Felsen gepreßt und in das Eis eingegraben, hielten diese entschlossenen Männer 
jedem Ansturm stand." 
Das Gefecht um die Cedeh-Hütte 
Vom 17. bis 25. September 1915 
Die kleinen Gefechte, die sich in der zweiten August hälfte 1915 auf dem 
Stilfserjoch abspielten, hatten zur vollständigen Vertreibung der Italiener vom Joch 
geführt. Der Paß war gänzlich in den Besitz österreichisch-ungarischer Truppen ge 
kommen, die dem Gegner dabei auch den Monte Scorluzzo abgenommen hatten, der die 
Paßhöhe beherrscht und nun jede Annäherung von Süden her unmöglich macht. Die 
„Dreisprachen"-spitze, die solange den Grenzpunkt zwischen Oesterreich, Italien und der 
Schweiz bildete, wurde aus die Art zu einer bloßen „Zweisprachen"-spitze, denn die ita 
lienische Grenze hatte eine immerhin merkliche Verschiebung gegen Bormio zu erfahren. 
Von da ab herrschte im Ortlergebiet, abgesehen von täglichen anstrengenden Patrouillen 
gefechten, Ruhe. Zu einer größeren Kampfhandlung kam es erst Ende September. 
Die Italiener waren, nach einer Mitteilung des Landesverteidigungskommandos in 
Tirol, in der „Tiroler Soldatenzeitung" (30. IX. 15), am 17. September 1915 von
	        
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